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Politiker - Qualifizierte Staatsleute oder Dampfplauderer?
Wer mit der Idee liebäugelt in die Politik zu gehen sollte vor allem eines mitbringen: ein dickes Fell. Doch wie sieht es mit den nötigen Qualifikationen aus, die ein hochrangiger und einflussreicher Berufspolitiker haben sollte? Stimmt das Vorurteil, dass in erster Linie das richtige Parteibuch und ein großes Mundwerk zählen, um sich seinen Weg bis in die Bundesregierung zu bahnen?
Vorraussetzungen für die Politkarriere
Österreichs prominentester Politiker ist derzeit wohl Sebastian Kurz. Obwohl erst 30 Jahre alt, hat er gute Chancen, noch in diesem Jahr Bundeskanzler zu werden. Skeptische Stimmen kritisieren neben Kurz' Alter vor allem seinen Bildungshintergrund, oder besser gesagt, die Abwesenheit davon. Denn Kurz hat sein Studium der Rechtswissenschaften niemals abgeschlossen, von einer Diplomatenausbildung, wie sie für einen Außenminister sicherlich förderlich wäre, ganz zu schweigen.
Dass es keine Spezialausbildung a lá "Berufspolitiker I" beim Humboldt gibt, weiß jeder. Doch was soll man studieren und welche Berufsaubildung ist besonders gefragt, wenn man es in der heimischen Politikwelt zu etwas bringen will? Wie stark sind die mit Politikern am ehesten in Verbindung gebrachten Studien Jus und Politikwissenschaften in der heimischen Regierung vertreten?
Über die Kompetenzen oder der vermeintliche Mangel an Qualifikationen von hochrangigen Politikern wird in Österreich schon seit Langem diskutiert. So wurde der ehemalige Bundeskanzler Werner Faymann, der sein Studium der Rechtswissenschaften nie abgeschlossen hat und in jungen Jahren Taxi gefahren ist, auf Social Media-Plattformen regelmäßig mit "Bundestaxler" betitelt. Ein anderes Beispiel ist Norbert Darabos, dessen Kompetenz als Verteidigungsminister angezweifelt wurde, da er anstatt des Präsenzdienstes, Zivildienst abgeleistet hat.
Hochrangige Politiker wie Kurz oder Faymann haben es vor allem durch einen Weg bis an die Spitze des Regierungsapparates geschafft: Durch Engagements in politischen Organisationen. Während sich Faymann schon während des Gymnasiums für die Sozialistische Jugend (SJ) engagiert hat, ist Kurz seit dem 16. Lebensjahr in der Jungen Volksparte (JVP) aktiv, deren Obmann er heute noch ist.
Staatsmann ohne Studium? Die beruflichen Hintergründe unserer Regierungsmitglieder
Doch wie sieht es mit den aktuellen Mitgliedern der bald scheidenden Bundesregierung aus? Tatsächlich hat ein Großteil der österreichischen Bundesminister ein abgeschlossenes Studium, die Bildungshintergründe von einem Großteil stehen oft auch im direkten Zusammenhang mit dem Kompetenzbereich ihres Ressorts:
- Wolfgang Brandstetter, Bundesminister für Justiz, designierter Vizekanzler: habilitierter Jurist
- Hans Peter Doskozil, Bundesminister für Landesverteidigung und Sport: Jurist
- Thomas Drozdar, Kanzleramtsminister: Betriebs- und Volkswirt
- Sonja Hammerschmied, Bundesministerin für Bildung: Promovierte Molekularbiologin
- Sofie Karmasin, Bundesministerin für Familien und Jugend: Betriebswirtin und promovierte Psychologin
- Sebastian Kurz, Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres: Matura
- Jörg Leichtfried, Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie: Jurist
- Harald Mahrer, Bundesminister für Wirtschaft und Wissenschaft: promovierter Sozialwissenschaftler
- Pamela Rendi-Wagner, Bundesministerin für Gesundheit und Frauen: habilitierte Medizinerin
- Hans Jörg Schelling, Bundesminister für Finanzen: Promovierter Betriebswirt
- Wolfgang Sobotka, Bundesminister für Inneres: Historiker und Musikpädagoge
- Alois Stöger, Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz: gelernter Maschinenschlosser, Abschluss des Fernstudiums "Soziale Praxis"
- Andrä Rupprechter, Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft: Agrarökonom
Der amtierende Bundeskanzler Christian Kern ist studierter Publizist. Neben dem Studium war er für den sozialistischen Studentenverband VSSTÖ tätig. Bevor er die Parteiführung und das Kanzleramt übernahm, arbeitete er unter anderem als Wirtschaftsjournalist, Pressesprecher und später als Vorstandsvorsitzender der ÖBB.
Von den 13 Bundesministern haben die Bildungshintergründe von immerhin sieben Ministern (Brandstetter, Doskozil, Rendi-Wagner, Stöger, Mahrer, Schelling,Rupprechter) einen direkten Zusammenhang mit dem Fachbereich ihres Ressorts.
Fachkompetenz der Bundesminister - Wirklich das A und O?
Oft wird der Umstand kritisiert, dass bei der Vergabe hochrangiger Politjobs, wie etwa Ministerposten oft eine gewisse Beliebigkeit vorzuherrschen scheint. So kann es der Fall sein, das eine Person die Leitung ihres bisherigen Ressorts abgibt und stattdessen ein anderes Ministerium übernimmt, das auf den ersten Blick in keiner Relation zum bisherigen Kompetenzbereich des betroffenen Politikers zu stehen scheint. So kann als Beispiel etwa Maria Fekter genannt werden, die erst Innenministerin und dann Finanzministerin war. Ein noch krasseres Beispiel ist die CDU-Politikerin Ursula von der Leyen in Deutschland, die erst das Familienministerium und dann das Verteidigungsministerium übernahm.
Die Frage, über welche Kompetenzen ein Politiker verfügen musst, ist im Grunde bereits eine philosophische. Soll der Gesundheitsminister ein Mediziner sein oder der Justizminister ein Jurist? Während viele Menschen diese Frage mit "Ja" beantworten würden, gibt es auch die Auffassung, dass die Ausbildung des jeweiligen Ministers nicht gezwungermaßen aus dem Wirkungsbereich des jeweiligen Bundesministeriums stammen muss. Schließlich sind in diesen Institutionen bereits Fachleute beschäftigt, die den Minister beratend zur Seite stehen.
Mit Blick auf die Bildungshintergründe der Regierungsmitglieder zeigt sich, dass die meisten auch abseits der Politik beruflich tätig waren und zu einem Großteil auch akademisch gebildet sind. Den Weg in die Politik fanden viele durch nebenberufliches Engagement in parteinahen Organisationen, als berühmtestes Beispiel kann hier Sebastian Kurz genannt werden.
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