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Politiker im Urlaub: Wer regiert im Sommer eigentlich das Land?
Leerer Plenarsaal im krisenreichen Sommer
Es ist üblich, dass nicht nur Schulen und Kindergärten im Sommer Ferien haben, sondern auch das Parlament für eine Zeit in ein gewisses Sommerloch fällt. Normalerweise passiert gerade im Sommer eher wenig. Keine großen Sitzungen, Staatsbesuche und Wahlen auf Bundes- oder Landesebene finden meist erst im Herbst oder gar im Vorsommer statt. Doch dieses Jahr ist alles anders. Die Coronakrise ist mit einer (unüblichen) Sommerwelle präsenter denn je, der Ukrainekrieg hält die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten mit neuen Sanktionen auf Trab. Wäre das alles schon nicht genug, kommt aufgrund des Krieges in der Ukraine eine Energie- und Teuerungskrise dazu. So viele Krisen in einem Sommer gab es schon lange nicht mehr.
Doch gerade jetzt, in einer Zeit, in der man gezielte Maßnahmen und Schritte für einen sicheren Herbst, vor allem in der Corona- und Energiekrise setzen könnte, hört man ausgesprochen wenig von der Regierung, denn viele Mitglieder befinden sich im Urlaub. Gerade einmal Umweltministerin Leonore Gewessler pendelt ständig zwischen Wien und Brüssel, für Termine und Sitzungen über die weitere Vorgehensweise mit den wenigen Gaslieferungen aus Russland und der immer schlimmer werdenden Klimakrise. Die Bevölkerung selbst lässt die Grüne-Politikerin jedoch im Unklaren, denn wie es im Herbst weiter geht, weiß so gut wie niemand.
Andere Politiker befinden sich auf Erholungstour. Beispielweise fährt SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner auf Tauplitz zum Wandern und danach nach Italien ans Meer. Sozial- und Gesundheitsminister Johannes Rauch, welchen man vor Kameras mit neuen Maßnahmen redlich vermisst, macht in seiner Heimat Vorarlberg Urlaub. Justizministerin Alma Zadic erholt sich in Kroatien, Dalmatien und Österreich. FPÖ-Chef Herbert Kickl zieht es in die österreichischen Berge und Europaministerin Caroline Edstadler fährt im August mit der Familie nach Frankreich.
Nur Bundeskanzler Karl Nehammer verzichtet auf seinen schon geplanten Urlaub. "Der Kanzler will seine volle Aufmerksamkeit auf den Kampf gegen die Teuerung lenken, deshalb hat er seinen für die erste Augusthälfte geplanten Griechenland-Urlaub storniert", erklärt sein Sprecher in der "Kronen Zeitung". Der Grund für die Absage dürfte aber auch eine neu geplante Sommertour der ÖVP durch ganz Österreich sein.
Wirklich weit weg zieht es aber niemanden der Politiker. Auch zu Schulden einiger Skandale der Vergangenheit. Zum Beispiel musste Pamela Rendi-Wagner 2019 einen Shitstorm über sich ergehen lassen, nachdem sie in einem sehr exklusiven Lokal in Saint-Tropez an der Cote d’Azur fotografiert wurde. Ebenfalls ein Jahr später musste sie sich für einen Familienurlaub zu Coronazeiten in Zypern rechtfertigen. Auf Boulevard-Shitstorms dieser Art hat gerade in diesem schwierigen Jahr wohl kein Politiker Lust und gibt mit einem Urlaub in Österreich oder den Nachbarländern auch wenig Spielraum dafür.
Doch wer regiert Österreich im Sommerloch?
Rein rechtlich gibt die österreichische Bundesverfassung diese Sommerpause des Parlaments vor. In dieser steht, dass der Nationalrat in jedem Jahr zu einer ordentlichen Tagung zwischen dem 15. September und dem 15. Juli zusammenkommt. Dazwischen soll es keine Tagung geben. Als Tagung selbst ist die Zeit einer Zusammenkunft von Parlamentariern gemeint. Bei diesen Zusammenkünften werden Sitzungen des Nationalrats oder Beschlüsse angesetzt.
Beginn und Ende der tagungsfreien Zeit hängt von den einzelnen Klubs im Parlament ab, diese stimmen sich mit den Nationalratspräsidenten ab. Diese Zeit beläuft sich aber in der Regel immer von Mitte Juli bis Mitte September. In dieser Sommerpause dürfen mittlerweile schriftliche Anfragen oder dergleichen trotzdem eingereicht werden. Abstimmungen zu neuen Gesetzesanträgen von Abgeordneten gibt es natürlich nicht, denn dafür braucht man eine Sitzung des Nationalrates.
Besonders hier ist, dass nur der Bundespräsident Alexander van der Bellen eine Tagung in der Sommerpause einberufen kann.
Artikel 28 B-VG
(2) Der Bundespräsident kann den Nationalrat auch zu außerordentlichen Tagungen einberufen. Wenn es die Bundesregierung oder mindestens ein Drittel der Mitglieder des Nationalrates oder der Bundesrat verlangt, ist der Bundespräsident verpflichtet, den Nationalrat zu einer außerordentlichen Tagung einzuberufen, und zwar so, dass der Nationalrat spätestens binnen zwei Wochen nach Eintreffen des Verlangens beim Bundespräsidenten zusammentritt; die Einberufung bedarf keiner Gegenzeichnung. Zur Einberufung einer außerordentlichen Tagung auf Antrag von Mitgliedern des Nationalrates oder auf Antrag des Bundesrates ist ein Vorschlag der Bundesregierung nicht erforderlich.
Für eine sogenannte „außerordentliche Sitzung“ müssen mindestens ein Drittel des Nationalrats anwesend sein. Doch diese Sitzungen finden in den vergangenen Jahren immer weniger statt, ein Grund dafür sind die vielen Wahlen im Herbst. Im letzten Jahr gab es zwei zum Thema Korruption und Corona.
Noch mehr Informationen findest du im Podcast des österreichischen Parlaments.
Für diesen Sommer ist noch keine „außerordentliche Sitzung“ angesetzt. Doch bei all den Krisen, die gerade stattfinden ist es gar nicht so unwahrscheinlich. Dass hat aber auch viel mit den weiteren Maßnahmen von Politikern (welche sich gerade im Urlaub befinden?) und natürlich mit den weiteren Schritten von Wladimir Putin zu tun.
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