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Interview mit Botschafter der Republik Slowenien
UNIV. PROF. DR. ERNEST PETRIC
Steckbrief:
Beruf: Botschafter der Republik Slowenien
Nibelungengasse 13/3, 1o1o Wien
Telefon: 58613o9 – FAX 5861265
Geboren: 18. November 1936 in Trzic/Slowenien
Verheiratet, 3 Kinder
Fremdsprachen: aktiv Englisch, Deutsch, Kroatisch, Serbisch;
Passiv Russisch, Italienisch, Spanisch.
Ausbildung:
Diplomjurist (Juristische Fakultät Ljubljana 196o)
Doktor des Völkerrechts (Juristische Fakultät Ljubljana 1965)
Wichtigste Stationen der beruflichen Laufbahn:
1961-64 Assistent und höherer Fachberater am Institut
für ethnische Fragen
1965-67 Dozent des Völkerrechts an der Fakultät für
Politikwissenschaften Ljubljana
1972-75 Dozent für internationale Beziehungen und
Völkerrecht an der Fakultät für Soziologie,
Politikwissenschaften und Journalismus
1983-86 Ordentlicher Professor für internationale
Beziehungen an der Universität Addis Abeba –
1989-91 Botschafter der Sozialistischen Föderativen
Republik Jugoslawien in der Republik Indien
und dem Königreich Nepal
1992-97 Botschafter der Republik Slowenien in den
Vereinigten Staaten von Amerika und in den
Vereinigten Mexikanischen Staaten
2ooo-o2 Botschafter – Ständiger Vertreter der Republik
Slowenien bei den Vereinten Nationen in New York
und Botschafter in der Föderativen Republik
Brasilien mit Sitz in New York
2oo2-o3 Botschafter, Ständiger Vertreter der Republik
Slowenien bei der OSZE
2002- Botschafter der Republik Slowenien in Wien und
ständiger Vertreter bei den internationalen
Organisationen
2oo6- Vorsitzender des Gouverneursrates IAEA in Wien
Exzellenz, seit 2oo2 sind Sie Botschafter hier in Österreich. Welchen Eindruck haben Sie von Wien und unserem Land?
Ja, seit Mai 2002. Ich bin aber auch Botschafter zu UNO und war auch bis 2004 bei der OSZE. Das bedeutet viel Arbeit; zu viel Arbeit! Und es ist ein „Hindernis“, den Reichtum Wiens voll zu erleben. Wien ist eigentlich eine der schönsten, angenehmsten, sichersten und intellektuell reichsten Städte Europas, der Welt: Das Kulturleben – besonders Musik, auch die bildende Kunst - ist extrem hoch! Die Umgebung Wiens außergewöhnlich: der Wienerwald, die Donau, aber auch die nahen „Zauberberge“ wie Semmering, Schneeberg und Rax. So oft ich kann, genieße ich das! Die intellektuelle Internationalisierung durch das „Vienna International Center“ – die Stadt Wien ist eines der stärksten internationalen Zentren der Welt - haben wir Kreisky zu verdanken. Das ist einmalig für Wien und Österreich! Dazu gibt es verschiedene, gesellschaftliche Institute wie diplomatische Akademien usw., mit intensiv interessantem und intellektuellem Leben.
Welchen positiven Einfluss können so kleine Länder wie Österreich und Slowenien auf den Weltfrieden in der internationalen Politik leisten?
Die Geschichte zeigt – und das ist eine Realität – es gibt immer führende Staaten und folgende Staaten! Slowenien und Österreich mehr folgen als führen: aber auch kleine, initiative Staaten können etwas tun! Besonders, wenn sie sich zusammen tun – auch im Rahmen der EU. Natürlich haben wir nicht die Mittel der Außenpolitik der großen Staaten, die der Erzwingung, Erpressung, Belohnung; sondern nur die Mittel der Überzeugung. Das bedeutet Ideen, Argumente und intellektuelle Arbeit. Wenn man diese „Überzeugungsmittel“ verwenden kann, dann erreicht man auch was. Also hängt es von uns ab, wie kreativ wir sind und wie fähig Verbündete zu finden – dann können wir eine Rolle spielen!
Wie, Herr Botschafter, deuten Sie den Begriff „Erfolg eines Staates“?
Das ist die Sicherheit der Bewohner, die Prosperität, die Entwicklung des Landes, die wirtschaftliche Sorge zum Wohlstand, Umweltschutz und die intellektuelle Pflege. Ein Staat ist erfolgreich, wenn die Politik das erreicht! Wenn Slowenien und Österreich zur Stabilisierung Südost-Europas (West Balkan) beitragen, bedeutet das auch Sicherheit für uns; keine Welle von Flüchtlingen, keine Schwierigkeiten in der Region. Möglichkeit für Investitionen, wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen.
Wenn wir, zum Beispiel, eine gute Lösung für die Kosovaren finden, hat unsere Wirtschaft mehr Chancen zu investieren und Geschäfte zu machen. Das sind Erfolge.
Ein konkreter Vorschlag, wie das in der nächsten Zukunft für den Kosovo umsetzbar ist?
Wir haben jetzt den Plan von Ahtisaari. Wichtig ist, dass die EU in Einigkeit und Entschlossenheit zusammen steht, um das durchführen zu können! Das ist das Beste, das Einzige, das wir haben!
Sie waren 1975 UNESCO-Experte der Regierung der Republik Irak, sind also international gesehen, ein Spezialist auf diesem Gebiet. Sehen Sie in den nächsten zwei, drei Jahren eine Lösung für den Irak?
Das Jahr 1975 ist so weit weg, dass es zu den heutigen Ereignissen in wenig Beziehung steht! – Ich persönlich meine, dass man Geduld braucht, viel Geduld, viel Energie und politische Entschlossenheit. Man muss den Irakern helfen, dass ihre Regierung die Macht über das ganze Land in Händen hat. Der Irak hat große Ressourcen, aber das Hauptproblem stellt die Sicherheit dar. Für die heutige Lage ist es wichtig, die drei großen Gruppierungen der Schiiten, Sunniten und Kurden in einen ständigen Dialog zu bringen. Dass Irak nicht zerfällt oder in Chaos geriet braucht man die internationale Anwesenheit. Menschen, die vereinfacht sagen: „Amerikaner ´raus!“, entsprechen mit ihren Wünschen nicht der Realität!
Sehen wir das wie in einem Dorf, wo ein Mann mit dem Feuer zündelt: Das erste Haus steht in Flammen, Wind kommt auf, Gefahr im Verzug, dass das ganze Dorf verbrennt. Soll jetzt gestritten werden, wer schuld ist? Man weiß es, aber es ist nicht mehr wichtig. Wichtig ist, dass wir den Brand gemeinsam stoppen! Die ganze internationale Gemeinschaft muss sehr eng zusammen arbeiten, um das Irak-Problem in den Griff zu bekommen. Man muss um diese Krise zu beherrschen zuerst militärisch die Sicherheit schaffen. Dazu muss man einen politischen Dialog führen und die irakische Regierung ermächtigen, selber das Land regieren zu können.
Gibt es eine Empfehlung für junge Menschen im Bezug internationale Kommunikation, Völkerrecht und Frieden?
Die Welt hat sich während meines Lebens so sehr verändert!
Ich bin einer jener, der noch den Einmarsch der Wehrmacht im April 1941 in meinem kleinen Dorf miterlebte. Ich erinnere mich an die Kriegs- u. Nachkriegszeiten, erinnere mich an die Armut - die diktatorische, kommunistische Herrschaft. An das Leben, wo man als reich galt, wenn man ein Radio hatte. Wo man stundenlang am Postamt warten musste, wenn man aus Ljubljana Zagreb anrufen wollte. Wir hatten keine Schulbücher usw., waren aber trotzdem voller Enthusiasmus! – Damals war die heutige Unsicherheit der jungen Menschen nicht vorhanden. Jetzt sind die Möglichkeiten enorm, doch viele der Jungen haben mit der Auswahl Schwierigkeiten. Europa lebt in Wohlstand und Sicherheit. Aber, es gibt auch Zeichen eines gewissen Rückgangs. Zu meiner Zeit war man bereit, für Freiheit, für den Staat etwas zu opfern. Diese Werte sind ziemlich verschwunden. Unsere Zivilisation ist aufgefordert. Wir leben doch nicht nur zu genießen, sondern auch zu arbeiten. Kommen die Ausländer, sind viele nicht einverstanden. Aber wir wollen manche Arbeiten nicht mehr tun. Das sind Zeichen einer gewissen Krise der westlichen Gesellschaft. Junge Menschen sollten wissen, was für große Möglichkeiten sie haben: Alles liegt vor ihnen! Wir sind im Westen so reich und mit genug gutem Willen, könnte man soziale Probleme lösen. Meiner Meinung nach, sind wir zwar produktiv, aber auch ziemlich faul geworden! Aber nie hat man in Europa so gut gelebt wie heutzutage: materiell und intellektuell. Deshalb müssen wir mit Optimismus aber auch mit mehr Verantwortlichkeit etwas für unsere gemeinsame Zukunft tun.
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