Smart Home
Erfahrungsbericht: So wohnt man in einem neuen Smart Home
Wie ist es dazu gekommen, Ihr Haus in ein Smart Home umzugestalten?
Angefangen hat es damit, dass ich zu Hause ein kleines Heimkino gebaut habe. Meine Freundin meinte damals, „Es ist zwar super, dass wir ein Heimkino haben, aber was mache ich mit 6 Fernbedienungen“? Das war der ursprüngliche Anstoß zu meinem Smart-Home-Projekt. Ich begann mich ein bisschen mit Multimedia-Steuerung auseinander zu setzen und stellte dabei fest, dass es sehr erleichternd, aber auch unbezahlbar ist. Parallel dazu kam das iPhone auf den Markt – das war etwa um 2008 – und ich begann mit dem Programmieren.
Wie kann man sich ein Smart Home vorstellen und was ist der Unterschied zu einem „normalen“ Zuhause?
In meinem alten Haus – das mittlerweile abgerissen und neu gebaut wurde – hatten wir bereits die Beleuchtung in den Wohnräumen automatisiert. Das vor allem aus dem Grund, weil meine Freundin gerne alle Lichter brennen ließ. Dadurch wurde es möglich beim Verlassen des Hauses alle Lichter gleichzeitig auszuschalten. Oder am Beispiel unseres neuen Heimkinos: Mit nur einem Tastendruck wurde der Beamer gestartet, die Leinwand heruntergefahren und der richtige Kanal gewählt.
Des Weiteren habe ich die Haustüre mit einem Motorschloss ausgestattet, um nicht jedes Mal aufstehen zu müssen, wenn man jemanden hereinlassen möchte. Einmal habe ich mich unabsichtlich ausgesperrt und musste mich dann quasi in mein eigenes Haus hinein hacken – das war auch nicht unpraktisch. Auch die Gartenbewässerung war automatisiert: Sie schaltet sich je nach Witterung ein oder aus. Später fügte ich noch eine smarte Beschattung hinzu: Wenn man nicht zuhause ist, werden die Jalousien je nach Sonneneinstrahlung heruntergefahren, damit sich im Sommer das Haus nicht allzu sehr aufheizt.
Was sind die Vorteile von einem Smart Home und inwiefern hat sich für Sie der Alltag „erleichtert“?
Die ganze Smart Home-Geschichte ist natürlich nichts Lebensnotwendiges, aber sie bringt jede Menge Komfort mit sich. Man muss nicht ständig aufstehen um irgendetwas zu erledigen, sondern kann einfach das Handy – das man heute ja mittlerweile fast immer in Reichweite hat – dafür nutzen, um das Licht abzudrehen, die Tür aufzumachen und so weiter. Was mir besonders bei unserem Neubau aufgefallen ist, ist die Platzierung der Lichtschalter: Man kann im Vorfeld noch so gut planen wie man will, aber kommt erst im alltäglichen Gebrauch darauf, ob sie praktisch oder unpraktisch positioniert sind. In einem Smart Home hat man jederzeit die Möglichkeit, im Nachhinein sowohl den Platz als auch die Funktion zu ändern, was bei einer herkömmlichen Installation viel aufwändiger beziehungsweise unmöglich ist.
Wie sieht Ihr genauer Tagesablauf im Vergleich zu früher aus?
Bei mir passieren gewisse Abläufe heute einfach automatisch. In der Früh habe ich zum Beispiel eine „Guten Morgen“-Taste: im Wohnbereich wird die Beleuchtung in einer bestimmten Stimmung aufgedreht – dazu habe ich überall LEDs installiert, deren Lichtfarben ich so steuern und anpassen kann, wie ich es gerne möchte. Zudem schaltet mein smarter Fernseher direkt auf Frühstücksfernsehen und im Badezimmer öffnen sich die Jalousien. Wenn wir am Abend schlafen gehen, haben wir eine „Gute Nacht“-Taste: Die Rollos werden wieder heruntergefahren und diverse Lichter werden auf Nachtfunktion gestellt – die WC-Beleuchtung, die über Bewegungsmelder gesteuert wird, schaltet sich zum Beispiel auf max. 10% der Helligkeit. All diese Funktionen werden in der Früh durch das Aktivieren der „Guten Morgen“-Taste wieder deaktiviert.
Wer war für die Justierung zuständig und mit welchem zeitlichen und finanziellen Aufwand war die Konfiguration verbunden?
Ich habe alles selbst gemacht. Bezüglich des zeitlichen Aufwands ist es aber schwer genaueres dazu zu sagen, denn am Anfang ist das Projekt langsam gewachsen. Innerhalb von drei Jahren ist Stück für Stück etwas Neues dazu gekommen. Mittlerweile mache ich das professionell, habe meine eigene Firma gegründet und programmiere Hausautomationen. Da viele Leute unser Haus toll fanden, bin ich da irgendwie hineingerutscht. Das war so eigentlich nicht geplant, ist aber mittlerweile das, mit dem ich mich hauptsächlich beschäftige.
Die finanziellen Kosten sind je nach persönlichen Wünschen schwer zu beziffern. In unserem Neubau kann ich es grob einschätzen: es waren circa 6000 Euro zusätzlich zur herkömmlichen Elektroinstallation. Das sind allerdings nur die reinen Materialkosten, da ich die Konfiguration selbst übernommen habe.
Wie lange hat es von der Konzeption bis zur reibungslosen Nutzung gedauert?
Das erste Projekt war „work in progress“ und hat sich über drei Jahre gezogen. In unserem Neubau bin ich noch nicht ganz fertig – wir wohnen hier erst seit fünf Monaten und alles ist noch im Entstehen und Werden: Das Untergeschoss ist zum Beispiel noch komplett roh, da muss noch einiges erledigt werden. Die reine Erstinstallation dauerte etwa zwei Wochen, danach ist es ein laufender Prozess, in dem man permanent Verbesserungen vornimmt. Bei einer kompletten Installation in fertigen Wohneinheiten ist das Grundlegende allerdings in etwa einer Woche Arbeitszeit erledigt.
Geht Smart Living bei Ihnen auch über die eigenen vier Wände hinaus? Wenn ja, in welchen Bereichen und wie?
Wenn ich unterwegs bin, bin ich immer mit meinem Haus verbunden. Es meldet mir, was auch immer ich wissen möchte: zum Beispiel kann ich auf die Videokamera zugreifen um nachzuschauen, ob sich zu Hause etwas tut. Ich kann auch überprüfen, welche Jalousien oder Türen offen sind, wie viel Grad es hat und so weiter. All diese Informationen kann ich mir anzeigen lassen und von überall darauf zugreifen: Läutet jemand an meiner Haustür, meldet mir das mein Smartphone. Und Sogar wenn sich jemand unbefugt Zutritt zum Haus meiner Eltern verschafft und die Alarmanlage anschlägt, erhalte eine Mitteilung.
Derzeit interessiere ich mich außerdem für die Vernetzung mit dem Auto. Ich bin seit jeher ein großer Fan von Elektroautos – diese haben immer eine große Batterie, wofür man zum Beispiel die Energie einer Photovoltaikanlage nutzen könnte. Das wäre sehr interessant, ist aber im Moment einfach noch zu teuer.
Wie gehen Sie mit dem Thema Sicherheit und vor allem mit der Sicherheit Ihrer persönlichen Daten um? Welche Gefahren und Risiken sind Ihnen bewusst und wie wirken Sie diesen entgegen?
Natürlich ist es ein großes Risiko – man ist angreifbar. Andererseits finde ich, dass es bei herkömmlichen Systemen nicht anders ist: Wenn mir jemand etwas Böses will oder in mein Haus eindringen möchte, kann ich es nicht verhindern. Den Wald- und Wieseneinbrecher sollte man aber so gut wie möglich abschrecken (mit zB Funk Alarmanlagen) und genauso ist es auch bei den Internetgeschichten: Man darf keine öffentlichen Ports oder Standard-Ports verwenden und keine schlechten Passwörter nutzen. Man ist natürlich auch ein bisschen selbst dafür verantwortlich, wie gut man das macht. Es ist eine Gefahr, definitiv – aber der bin ich mir soweit bewusst und versuche dem bestmöglich entgegenwirken. Den ungewollten Zugriff von außen verhindere ich beispielsweise durch eine verschlüsselte VPN-Verbindung. Außerdem bin ich der Meinung, dass man nur ein System einsetzen sollte, also nur eine intelligente Haussteuerung und nicht viele Einzelsysteme von verschiedenen Herstellern. Die sind alle mehr oder weniger sicher – verwende ich aber nur eines, ist es entweder sicher oder nicht. Dadurch habe ich mehr Einfluss, als wenn ich 100 verschiedene Lösungen habe, die alle über das Internet nach außen kommunizieren und nur vermeintlich zuverlässig sind – das stellt für mich eher die größere Gefahr dar.
Wie Sind sie auf einen Strom- und Netzausfall oder einen totalen Zusammenbruch des Systems vorbereitet?
Das Wegfallen der WLAN-Verbindung ist nicht wirkliches problematisch – es gibt immer noch Tasten, die man nutzen kann. Ein Stromausfall ist hingegen eine blöde Geschichte, aber da funktionieren die meisten Dinge sowieso nicht. Nimmt man zum Beispiel eine Heizung, dann läuft diese in einem normalen Haushalt ohne Strom genauso wenig wie in einem smarten Haus. Das einzige Problem wären die Jalousien, aber auch da gibt es bereits in normalen Wohneinheiten gängige Elektro-Modelle, die nicht ohne Stromversorgung auskommen. Wenn es zu einem Ausfall kommt, ist es also so oder so blöd, egal ob Smart Home oder nicht. Sollte es trotzdem dazu kommen, habe ich dafür eine kleine Absicherung. Ich habe eine Backup-Batterie, also ein kleines Notstromaggregat, damit die wichtigsten Systeme am Laufen bleiben. Dazu zählen ein WLAN-Accesspoint, die smarte Home-Zentrale und die Verschließung der Türe. Sollte auch diese ausfallen, habe ich noch woanders einen Schlüssel deponiert, das sollte man in jedem Fall immer tun – es ist ein technisches System, und jedes technische System kann zusammenbrechen. Aber es stimmt, bei einem Stromausfall hat man auf jeden Fall mehr Komplikationen.
Von einem kompletten Ausfall des Systems war ich bis jetzt noch nicht betroffen. Bei dem, das ich gerne einsetze, ist der einzige Schwachpunkt die Speicherkarte, auf der sich die Programmierung meines Hauses befindet. Ich packe aber immer noch separat eine mit ein, um im Ernstfall darauf vorbereitet zu sein.
Hat sich die Nachfrage nach Smart-Living in den letzten Jahren verändert?
Die Anfragen sind deutlich gestiegen. Das hängt vorrangig damit zusammen, dass es leistbarer geworden ist. Die Kosten für die gesamte Ausstattung sinken, deshalb ist diese Art des Wohnens nicht nur noch den Gutbetuchten vorbehalten. Im Moment statte ich vorwiegend ganz normale Einfamilienhäuser aus.
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Magda
28. März 2017 - 20:36 Uhr
Das will ich auch!!