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Neue Installation beim Lueger-Denkmal sorgt für Kritik
"Hier gibt's nix zu sehen, gehen Sie weiter"
Beim Aufbau der Installation sei das Interesse von Schaulustigen und Interessierten derart groß gewesen, dass man kaum zum Arbeiten gekommen sei. Was zunächst wie ein überdimensionales Klettergerüst anmuten mag, hat einen Hintergrund, der durchaus zum Mitdenken und Drüber-Reden anregt.
Bunt lackierte Holzlatten spannen auf 39 Metern den Bogen einer jahrelangen Debatte quer über den Lueger-Platz: Die Holzinstallation "Lueger Temporär" ist eröffnet – und damit auch die neuerlichen Diskussionen rund um das umstrittene Lueger-Denkmal, die mit der Errichtung des Kunstwerks augenblicklich wieder aufflammten.
15 Lueger-Denkmäler und Gedenktafeln
Das Konzept ist ausgeklügelt: Die Formen, die in bunten Signalfarben den gesamten Platz bespielen, sind maßstabsgetreu nachgebildete Silhouetten aller Lueger-Denkmäler und -Gedenktafeln, derer gleich 15 an der Zahl über die ganze Stadt verteilt sind. Wie zum Beispiel die in Wien unter Luegerkirche bekannte Friedhofskirche zum heiligen Karl Borromäus am Zentralfriedhof.
Installation am Stubenring ein Jahr zu sehen
Die Installation verweist damit auf das Ausmaß, in dem Karl Lueger quer durch die Wiener Bezirke gedacht wird – dem Wiener Bürgermeister (bis 1910), der unumstritten als deklarierter Antisemit gilt. Die Intention der Künstler ist dabei weniger komplex als die Ausführung selbst: Mit ihrem Werk wollen sie die Erinnerungsdebatte rund um Lueger und sein Denkmal am Stubenring weit über den Lueger-Platz hinaus ebenfalls nach ganz Wien tragen.
Kritik von jüdisch österreichischer ÖH und den Grünen
Die Initiatoren erklären die Installation damit, "Das Denkmal zu kontextualisieren, eine Grundlage für Diskussion zu schaffen und jegliche Ehrung von Lueger unmissverständlich zu verhindern". Sie beziehen sich hier vor allem auf die von jüdisch österreichischen Hochschüler:innen auf Plakaten geäußerte Entrüstung:
"Antisemitisms thematisieren – nicht bunt dekorieren".
Weitere Kritik kommt von den Wiener Grünen, die „eine weitere Überhöhung der Figur Luegers“ sehen.
„Wir hätten jetzt im Jahr vor der finalen Neugestaltung des Lueger Platzes die Chance, eine öffentliche Debatte zur Lueger Statue zu führen. Stattdessen steht hier ein riesiges Objekt, das quasi die Recherche-Ergebnisse der Künstler:nnen visualisiert“, so Kultursprecherin Ursula Berner.
Künstlerduo Six und Petritsch räumt mit Kritik auf
Bei den Urhebern der Lueger Temporär-Installation handelt es sich um Nicole Six und Paul Petritsch. Petritsch leitet seit 2014 die Abteilung für ortsbezogene Kunst an der Angewandten, Six arbeitet unter anderem dort als Gastprofessorin. Im Duo realisieren sie seit 1997 verschiedenste Projekte und kontextspezifische Installationen im öffentlichen Raum.
Mit dem neuesten gemeinsamen Werk ist das Künstlerduo durchaus harscher Kritik ausgesetzt, die vom Künstlerduo in einer Klarstellung entschieden zurückgewiesen wird. Weder handle es sich demnach bei der Installation um die "Lösung" der Lueger-Debatte als vielmehr um einen "Entwurf von vielen", noch würde man Lueger in irgendeiner Weise gar ehren wollen.
Eine Grundlage für Diskussion etablieren
Ein Auftrag, der durchaus gelungen umgesetzt wurde – zumindest, wenn es nach Kunst im öffentlichen Raum (KÖR)-Geschäftsführerin Martina Taig geht. Sie spricht von einer "treffenden und durchdachten Arbeit, die zur Debatte anregt".
Im Herbst 2023 wird die temporäre Installation durch eine permanente Kontextualisierung des Lueger-Denkmals ersetzt. Ein entsprechender Wettbewerb unter 15 geladenen Künstlerinnen und Künstlern soll demnächst starten.
Haben Sie das Kunstwerk schon gesehen? Was halten Sie davon? Geben Sie gerne unten Ihre Kommentare zum Thema.
Weiterführende Infos:
- "Temporäre Installation vor umstrittenem Lueger-Denkmal in Wien errichtet" (derstandard.at)
- "Lueger-Denkmal sorgt weiter für Debatten" (orf.at)
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