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Die Wiener Typen des 21. JahrÂhunderts
Die typischen Wiener: ein Klischee?
Das im Wiener Metroverlag erschienene Buch von Andrea Maria Dusl „Wien wirklich! Von Amtsperson bis Würstelmann.“ erscheint dieser Tage in zweiter Auflage: die erste ging weg wie warme Semmeln. Inhalt: die Wiener Typen. Die promovierte Kulturwissenschaftlerin Andrea Maria Dusl lehrt an der Universität für Angewandte Kunst und hat sich in ihren Publikationen immer wieder gerne mit Wiener Sujets beschäftigt. In ihrem neuesten Werk „Wien wirklich!“, das sie auch selbst illustriert hat, beschreibt sie die „Wiener Typen“. Zu diesem Thema gab es im Wien Museum im Jahre 2013 sogar schon eine Ausstellung. Alles was für die Monarchie typisch war wurde schon damals gerne in stereotypen Darstellungen porträtiert und gehört seither zu den klassischen Wiener Sujets: dauerpalavernde Fiaker ebenso wie zwangsverpflichtete grantige Caféhaus-Kellner. Andrea Maria Dusl hat die schon existierenden Stereotype in einem humorvollen und kenntnisreichen Jargon neu aufgearbeitet und zudem den Klassikern noch neue Typen hinzugefügt. So gehören für Dusl nämlich längst auch Piefkes, Gscherte und Gschupfte zu Wien, ebenso wie Bobos und Krocha, Tschuschen, Strizzis und Gschaftlhuber.
Ein humorvolles Register der "Wiener Typen"
Das alphabetisch geordnete Register der Wiener Typen kann wie ein Lexikon benutzt werden und gibt viele Informationen und Aufschlüsse über die Wiener Typen des 21. Jahrhunderts. Gleich zu Beginn unter A wie ...Amtsperson schreibt sie über die transzendierenden und transpirierenden Würdenträger des Staates, dass sie quasi das „Konsulat zwischen Obrigkeit und uns“ seien. Das Besondere an den Wiener Amtsdienern sei, dass Wien die mechanischen Möglichkeiten des Apparatschiks in der Vielzahl seiner kommunalen Betriebe verwirklicht habe: sogar „Glockentrottel“ (Straßenbahnchauffeure) gehörten dazu, ebenso wie Schwarzkappler (Kontrollore), Badewaschl oder Gaserer und Parksheriffs. Es seien also bei weitem nicht alle „Sesllpicktschik, Kemmanedtschik oder Schaumamoitschik“, beruhigt Dusl.
Geschichtn aus dem Gaunermilieu: Futkarli & Co.
Kein anderes Sujet ist so typisch für Wien, wie der „Parzival der Vulva“. In den Siebzigern wurde ihm von Georg „Schurli“ Danzer in seinem „Vorstadtcasanova“-Lied ein Denkmal gesetzt. Obwohl er wahrscheinlich als Amerikaner geboren wurde und ursprünglich mit "Fut-Charlie" sexuell aktive Besatzungssoldaten bezeichnete. Andererseits gibt es auch das Wort „fudflogi“, was so viel wie Brautflüchtling bedeute, aber wer sich nicht traut, nennt ihn einfach FK. Im Zeitalter des Genderings gibt es selbstverständlich auch eine weibliche Form: die Futkaroline, das seien Frauen, die sich durchsetzen können. Nicht zuletzt deswegen hat sich die Wiener Band Wanda ja auch nach einem echten Wienerinnen-Original benannt: Wanda Kuchalek wurde 1947 als Tochter eines russischen Besatzungssoldaten und einer Schlangentänzerin im Zirkusmilieu geboren und wurde zur berühmtesten Zuhälterin Wiens. Dienstags soll sie immer einen Schlapphut getragen haben, in Wien wegen seiner äußeren Form auch kurz „Futinger“ genannt, so Dusl. Eine Futkaroline mit einem Futinger: wo wenn nicht in Wien, gibt’s sowas?
Andrea Maria Dusl
Wien wirklich: Von Amtsperson bis Würstelmann Gebundene Ausgabe
2018,​ ​192 Seiten, 14,1 x 2,2 x 20,5 cm
Metroverlag; Auflage: 2 (1. Februar 2018)
ISBN-13: 978-3993003043
Preis: 24,90.-
Wien: ka Lakritzihockn für Strizzis
Weniger vulgär und umso charmanter geht es im Kapitel „Die Galerie“ um das Rotlichtmilieu, das als ebensolches tituliert einen ganz anderen Umgangston voller Metaphern und Symboliken kennt. So bedeuten drei Punkte auf der Hand eines Gefängnisinsassen „nichts sehen, nichts hören, nichts sagen“, quasi ein Ehrenkodex, der es verbietet mit der Schmier (schemiro: jüdisch für Wächter) zusammenzu-arbeiten. Die Pülcher-Sprache – auch Strizzi-Schmäh, Huana-Red oder Kochemalosch genannt – soll vor Strafverfolgung schützen und ist eine Geheimsprache für Eingeweihte. Besonders die Wendungen für das Scheitern befindet die Autorin als sympathisch: mit „gicksn“ wird ein Misserfolg bei Taschendiebstahl bezeichnet oder „Lakritzihockn“, das für einen Diebstahl von Wertlosem steht. Und was unterscheidet einen Pülcher von einem Strizzi? Er ist besser angezogen und ist von Berufs wegen ein „Lud“. Lud hat mit Luder zu tun, ja genau, und es wird abgeleitet von den französischen Ludwigs, den Königen, die ein eigenes Mätressenstadl vor den Toren ihrer Hauptstadt unterhielten.
Gidsch, Gluad, Gragsn: Äukahoi für Broletten
Auch der in weiten Teilen Wiens sehr verbreitete Alkoholkonsum hat seine Spuren Wiener Slang hinterlassen: die Ergebnisse der Intoxikationen mit Äukahoi (Alkohol), kurz Äuk genannt, überträfen an Differenzierungstiefe sogar die der Inuit für Schnee, schreibt Dusl nicht ganz ohne Ironie. So ist im Wienerischen ein „Hansldippla“ eine Person, die den letzten Schluck Alkohol – den „Hansl“ – aus den Gläsern anderer Leute trinkt. Betrunken sein wird mit bemsdln, binkln, Fettsn oder Gidsch, Gluad und Gragsn umschrieben - durchaus auch als verschiedene Steigerungsformen des Zustands zu verstehen. Wer jetzt den Eindruck bekommt in Wien seien eh alles „Broletten“, der hat zumindesten schon eine Lektion des Wiener Slangs gelernt: denn wir sind eigentlich alle Proleten! Denn wie schon der vor kurzem leider verstorbene Karikaturist Manfred Deix (†25. Juni 2016) meinte: „Des Pudan is des Schweinsbroatl von de oaman Leit“. Zu Deutsch: Wer keine Besitztümer hat, muss Kinder zeugen, damit er in der Pension von irgendetwas leben kann. Und genau das waren schon im alten Rom die: „Proleten“! (©: Servius Tullius, König Roms, 534 AD), also das Gegenteil der „Plebejer“, die ja Grundbesitz zu vererben hatten. Aber auch von denen gibt es in Wien natürlich genug, wie Dusl in den anderen Kapiteln unterhaltsam beschreibt.
Das Buch von Andrea Maria Dusl ist auch erhältich im:
THE VIENNASTORE
1010 Wien, Herrengasse 5 im Palais Wilczek
Tel. +43. 1. 535 05 65
Öffnungszeiten: Montag bis Samstag 10:00 – 18:00 Uhr
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