Im Gespräch
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Tanzschule Elmayer
Im Gespräch mit Prof. Dkfm. Elmayer
stadt-wien.at: Prof. Thomas Schäfer-Elmayer, welche Erfahrungen zählen für Sie zu den wichtigsten Stationen in Ihrem Leben?
Neben meinem Studium in Wien habe ich in der Tanzschule Elmayer gearbeitet. Diese Erfahrung als Assistent bei meinem Großvater hat mein Verständnis dieser Institution sehr geprägt. Ich habe 20 Jahre meines Lebens im Ausland verbracht, unter anderem in Afrika, Deutschland und in der Schweiz. All diese Eindrücke haben meinen Blick auf die Welt verändert, bevor ich später die Chance ergriff und die Leitung der Tanzschule übernahm. Ganz wesentlich dabei waren natürlich meine Tanzlehrerausbildung und mein Engagement für die Wiener Balltradition. Auch das Thema der Etikette liegt mir sehr am Herzen. Neun Bücher habe ich dieser Thematik gewidmet und dazu halte ich regelmäßig Vorträge, Seminare und Workshops. Vor allem in unseren Tanzkursen ist es ungebrochen von großer Bedeutung diese Traditionen der Jugend zu vermitteln. Die Tanzschule Elmayer ist wohl die einzige dieser Art, die sich so stark für die Wiener Balltradition einsetzt und es gleichzeitig schafft sie so zu präsentieren, dass sie nach wie vor einer der größten Jugendtreffpunkte Wiens ist. Dazu zählen die Tanzkurse ebenso wie die Balleröffnungen. Die Spitze dabei ist unser eigener Ball, das Elmayer Kränzchen in der Hofburg, bei dem heuer 520 junge Leute das Eröffnungskomitee bildeten. Das gibt es bei keinem anderen Ball.
Der Ball ist eröffnet
stadt-wien.at: Man spricht von Ihnen als die „graue Eminenz der Ballszene“. Wie machen sich Feedback und Anerkennung Ihrer Tätigkeit in diesem Bereich bemerkbar?
Es macht sich allein schon dadurch bemerkbar, dass ich immer wieder mit den Eröffnungen der Bälle betraut werde. Ich habe mich noch nie für einen Ball beworben. Die Ballveranstalter kommen immer wieder von selbst zu uns und ich glaube, die meisten sind auch ganz zufrieden.
stadt-wien.at: Was sind Ihre wesentlichen Aufgaben bei einer Ballvorbereitung und -eröffnung?
Das ist zunächst einmal die Choreographie. Zu unseren Kunden zählen nicht nur die Veranstalter der großen Bälle, sondern auch sehr vieler kleiner Bälle mit weniger Erfahrung. Hier liegt unsere Tätigkeit in der Beratung, was zum Beispiel die Musik oder die Art der Beleuchtung betrifft. Dabei findet ein Know-how-Transfer statt. Der Veranstalter muss sich letztendlich darauf verlassen können, dass man auch in heiklen Situationen richtig handelt und die Ruhe bewahrt. Relativ häufig kommt es vor, dass jemand von den jungen Menschen, die im Spalier stehen ohnmächtig wird, oder es gibt Probleme mit der Musik oder der Kleidung. Bei großen Veranstaltungen kommt es immer wieder zu Pannen, und auch dafür sind wir da.
stadt-wien.at: Welche Entwicklungen und Veränderungen hat es bei Ballveranstaltungen in der Vergangenheit gegeben?
In den letzten 26 Jahren, die ich miterlebte, gibt es eine markante Veränderung, mit der wohl niemand gerechnet hätte: Die Kleidung, vor allem die der Herren, hat sich wesentlich verbessert. Früher war ich oft der einzige Besucher mit Frack auf den Hofburgbällen. Jetzt sind bereits 30 - 50 % der Herren mit Frack anzutreffen. Die Publikumsquadrille, welche es früher kaum gegeben hat, ist zu einem richtigen Highlight der Bälle geworden. Auch das ist eine sehr markante Entwicklung. Das hat Vor- und Nachteile für uns Tanzlehrer. Früher konnten wir nach der Eröffnung der meisten Bälle heimgehen, jetzt ist das anders. Ich persönlich aber liebe es diese anzusagen. Es ist nicht ganz einfach, viele Menschen und ein Orchester zu koordinieren, aber es bereitet sehr viel Vergnügen. Eine vor allem negative Änderung ist die zunehmende Passivität des Publikums. Heutzutage ist man zu sehr gewöhnt sich berieseln zu lassen. Früher hat man auf einem Ball auch fremde Damen aufgefordert, das passiert jetzt viel weniger. Die Menschen sind weniger kontaktfreudig geworden durch Handy, Computer und dergleichen.
stadt-wien.at: Kann das auch an fehlendem Selbstvertrauen und Mut liegen, eine fremde Dame aufzufordern? Könnte da das Internet eine Rolle spielen, weil im Internet alles anonym ist?
Das ist auch eine Möglichkeit. Nicht nur ist man im Internet anonym und mutig, sondern es fehlt heute ebenso die Übung andere Leute in der Realität zu kontaktieren. Früher hat man noch mit anderen Passagieren im Zug gesprochen, jetzt ist das nicht mehr der Fall. Man lebt in einer abgeschlossenen Welt und kommuniziert lieber über Handy und Laptop mit Menschen, die hunderte von Kilometern weg sind. Sogar auf den Bällen ist das Handy für viele mittlerweile zum ständigen Begleiter geworden.
Benimmregeln und ihre Bedeutung
stadt-wien.at: Wer hat heute mehr Nachholbedarf im Benehmen. Männer oder Frauen?
Grundsätzlich, glaube ich, dass man das so nicht beantworten kann. Es gibt sehr viele Männer, die sich sehr gut benehmen können und viel darüber wissen, ebenso wie Frauen. Ein Manko bei den Männern mag sein, dass die Bequemlichkeit oft höher ist als das Wissen. Aber dieses Benehmen wird wiederum auch von den Frauen gefördert. Manche Frauen wollen sich beispielsweise nicht aus dem Mantel helfen lassen. Das ist zwar in Österreich weniger stark bemerkbar, aber umso mehr im internationalen Raum.
stadt-wien.at: Welchen Stellenwert haben die Benimmregeln in der heutigen Gesellschaft?
Die Benimmregeln zu kennen ist für mich Teil des Allgemeinwissens. Wenn wir viel Allgemeinwissen haben, verbessern sich unsere Chancen im Leben. Hier geht es in erster Linie um Kommunikation. Wir können nonverbale Botschaften mit Hilfe der Benimmregeln vermitteln. Wenn man die Regeln nicht versteht, dann fehlt diese Kommunikationsmöglichkeit. Das führt zu Missverständnissen und diese können beruflich und natürlich auch privat ein Nachteil sein.
stadt-wien.at: Sie sind in Kontakt mit Menschen aus aller Welt. Gibt es eine Nation mit den besten Benimmregeln?
Ich würde mich nicht trauen darüber eine Aussage zu machen. Ich habe schon in etlichen Ländern gelebt. Wenn man mit fremden Kulturen in Kontakt kommt, stellt sich immer die Frage welche Benimmregeln dort gelten. Bei uns, denke ich, befinden wir uns schon auf einem relativ hohen Niveau. Die Tendenzen gehen aber sowohl nach oben, als auch nach unten. Menschen legen vor allem dann Wert auf Umgangsformen, wenn sie im Leben erfolgreich sein wollen.
Tanzen bei Elmayer, eine Lebensschule
stadt-wien.at: Wie viel Zeit sollte man einplanen, wenn man für die kommende Ballsaison tanzen lernen möchte?
Das hängt sehr stark vom Talent ab. Aber ich sage immer: Was man will, das schafft man auf jeden Fall. Man kann bereits in einer einzigen Tanzstunde sehr viel Know-how vermittelt bekommen. Wenn man zu Hause viel übt, kann man schon einiges erreichen. Später benötigt man wiederum weitere Tanzstunden um auch die Fehler zu korrigieren. Aber ich würde sagen, zwischen drei und fünf Privatstunden sollten eigentlich schon sehr viel bringen.
stadt-wien.at: Gibt es außerhalb der klassischen Tänze wie dem Walzer einen Trend, der momentan besonders beliebt ist?
Momentan gibt es keinen Tanz, der besonders hervorsticht, wie es zum Beispiel der Mambo zu Zeiten des Dirty Dancing Fiebers einmal war. Sehr beliebt sind die karibischen Tänze und auch die lateinamerikanischen Tänze wie der Tango Argentino. Aber bei uns ist nach wie vor der Wiener Walzer dominant und er ist ja auch der Tanz, welcher von seinem Charakter her zu uns am besten passt. Genau genommen ist er einer der wenigen europäischen Tänze, die wir überhaupt unterrichten in den Tanzschulen. Die meisten unserer Gesellschaftstänze haben afro-amerikanische Ursprünge.
stadt-wien.at: Auf was legen Sie besonders Wert bei der Qualität der Tanzlehre? Nach welchen Kriterien suchen Sie Ihre Tanzlehrer aus?
Die Tanzlehrer entwickeln wir aus den Kursen heraus. Wir sehen uns die jungen Leute an, beurteilen wie gut sie tänzerisch sind und ob ihre Persönlichkeit mit den Werten unserer Tanzschule zusammenpasst. Dazu gehören ein gewisses Auftreten, eine gewisse Bildung, und natürlich die nötige Motivation und Begeisterung, die wir auch vermitteln wollen. Die Tanzschule ist keine Pflichtschule. Wir müssen den jungen Leuten etwas bieten, damit sie immer wieder gerne kommen. Wir sind ein Dienstleistungsunternehmen und genauso vermitteln wir das. Teilweise sind die Leute sogar überrascht, weil sie gar nicht die Erwartung haben hier so viel Spaß zu erleben. Das liegt daran, dass wir dennoch eine „Schule“ sind und pädagogische Ambitionen haben. Wir wollen Wissen vermitteln und die jungen Menschen möchten etwas geboten bekommen, aber gleichzeitig auf eine amüsante Art, die begeistert und Freude bereitet. Und das ist auch ein wesentlicher Aspekt bei den Leuten, die wir hier als Mitarbeiter suchen.
stadt-wien.at: Welche Tipps möchten Sie jungen Menschen auf Ihrem Lebensweg mitgeben?
Davon gibt es so viele. Aber sehr passend und erstrebenswert finde ich diesen Spruch aus Amerika: „Go the extra mile“. Wenn man sich bemüht, wenn man sich mehr anstrengt als andere, dann wird man auch mehr erreichen. Aber da kenne ich noch ein anderes Beispiel, welches diesen Weg noch viel stärker beschreibt. Es gibt momentan einen Fall von einem jungen, hochtalentierten deutschen Tennisspieler, der schwer erkrankt ist. Es hat mich sehr beeindruckt als er gesagt hat: Auch beim Tennis ist das Spiel bei 6:0 noch nicht verloren. Das ist eine ganz wesentliche Aussage, denn man darf niemals aufgeben. Besonders wichtig ist es darauf zu achten, dass man Lebensqualität erzeugt. Jeder Mensch hat negative Seiten in sich. Niemand ist frei davon. Ich denke, es ist eine wesentliche Aufgabe in unserem Leben mit diesen Seiten umzugehen und sie nicht die Oberhand gewinnen zu lassen, damit wir uns auch später noch in den Spiegel schauen können. Gute Laune, Freundlichkeit und Zuvorkommen, Hilfsbereitschaft. All diese Dinge gehören zum guten Benehmen dazu und erzeugen Lebensqualität.
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