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Friedrich Lehr, Geschäftsführer des Hafen Wien im Interview
stadt-wien.at: Warum haben Sie sich für den Job beim Hafen Wien entschieden?
Friedrich Lehr: Infrastruktur hat mich immer schon interessiert. Ich konnte den Bubentraum Fliegerei mit dem Bubentraum Eisenbahn und schließlich dem Hafen Wien verbinden. Der Hafen kombiniert multimodal Schiffs-, Bahn- und Straßenverkehr. Für mich ist das Arbeiten in einem solchen Unternehmen der Höhepunkt.
stadt-wien.at: Welche Zusammenhänge gibt es zwischen dem Ort Wien und dem Hafen? Was konnten Sie seit 2010 infrastrukturell hier bewegen?
Lehr: Wir sind ein wichtiger Versorgungsknoten für die Stadt und das Umland. In manchen großen Städten beginnt man, Zufahrtsbeschränkungen zu errichten – Stichwort CityMaut. Das ist in Wien nicht notwendig, unter anderem deshalb, weil es den Hafen innerhalb der Stadtgrenze gibt.
stadt-wien.at: Welche wichtigen Versorgungsgüter für Wien werden über den Hafen abgewickelt?
Lehr: Jede Produktgruppe. Wir sind mit unserem Container-Terminal das Tor zur Welt. Wenn heute auf der Welt etwas transportiert wird, dann geschieht dies in Containern. Alles – vom Knabbergebäck bis zum Computerchip – wird containerisiert und kommt damit auch über den Hafen Wien.
stadt-wien.at: Zweiter Schwerpunkt des Hafens ist die Logistik. Wo liegen hier die Vorzüge des Hafens?
Lehr: Neben dem Containerbereich liegt unser Schwerpunkt auch in der Lagerung. Wir haben große Lagerhäuser. In der Schwergut-Logistik haben wir einen speziellen Platz für große Lasten, wie sie zum Beispiel exportierende Betriebe oder die Industrie brauchen. Wir bieten temperaturgeführte Lagerung für den Pharma- oder Drogeriebereich an. Seit einigen Monaten haben wir darüber hinaus das stärkste Breitband-Glasfasernetz Österreichs mit bis zu 10 Gigabit Leistung – das heißt, wir haben ein extrem schnelles und zuverlässiges Internet.
stadt-wien.at: Wie definieren Sie den Begriff Erfolg?
Lehr: Erfolg ist, das, was man sich selbst vorgenommen hat, zu erreichen. Das kann für jeden etwas anderes sein.
stadt-wien.at: Absolut. Was wäre das für Sie?
Lehr: Gleichzeitige Zufriedenheit in verschiedenen Lebensbereichen, im Beruf mit guten Leuten an interessanten Projekten zu arbeiten und etwas zu erreichen. Familiär gut aufgestellt zu sein. Glück und Erfolg ist eine Kombination mehrerer Elemente.
stadt-wien.at: Für wie viele Mitarbeiter sind Sie beim Hafen Wien verantwortlich?
Lehr: Der Hafen selbst hat 114 Mitarbeiter, mit Tochterunternehmen in Summe etwa 300 Mitarbeiter.
stadt-wien.at: Was ist Ihr Rezept, um mit den Mitarbeitern erfolgreich zu sein?
Lehr: Es ist wichtig, Strategien nicht nur zu Papier zu bringen, sondern sie auch umzusetzen. Dabei ist es mir besonders wichtig, Struktur zu haben. Der durchgehende Prozess von der Erstellung über das Monitoring bis hin zur Abbildung der Strategie in den Zielvereinbarungen der Mitarbeiter wird von mir akribisch verfolgt. Immer wieder – zumindest ein Mal jährlich - muss man sich die Frage stellen, ob die Strategie die richtige ist und die gewünschten Erfolge erzielt.
stadt-wien.at: Wie sieht das Feedback aus dem Umfeld zu ihrer Strategie aus?
Lehr: Wir wollen unsere Vorteile in Kombination nutzen. Erstens laufen drei wichtige transeuropäische Verkehrswege durch den Hafen Wien, gleichzeitig haben wir in der Stadt 300 Hektar Grund und wir sind mit vielen sehr guten Dienstleitungen ausgestattet. Wie man an der Auslastung sieht, funktioniert das im Auto-, Lager- und Immobilienbereich ziemlich gut. Es siedeln sich entgegen dem internationalen Trend immer mehr Unternehmen bei uns in der Stadt an. Damit tragen wir positiv zur Wirtschafts- und zur Arbeitsplatzlage bei.
stadt-wien.at: Auf dem Weg zum Erfolg gibt es immer wieder Querschüsse. Wie soll man diesen begegnen?
Lehr: Man soll sich selber treu bleiben und sich auf keinen Fall zu sehr verbiegen, um vermeintlichen Unterstützern gerecht zu werden. Wenn es gar nicht mehr geht, ist es vielleicht besser, den Job zu wechseln.
stadt-wien.at: Wie sehen Sie die unmittelbare Zukunft des Wiener Hafens?
Lehr: Sehr positiv. Wir haben gute Erfahrungen mit neuen Kunden. Es haben sich vor allem Dienstleister angesiedelt, von denen wir nicht geglaubt haben, dass für die der Hafen interessant ist. Zum Beispiel Upcycler, die Dinge neu instandsetzen und wieder verkaufen, etwa Netzgeräte im Mobilfunkbereich. Diese Geräte werden nach Südamerika verkauft, wo sie noch viele Jahre im Einsatz sind.
stadt-wien.at: Warum haben diese Unternehmen den Standort Hafen gewählt?
Lehr: Es ist eine Kombination aus Platz, Dienstleistung und Unterstützung. Konkret haben wir Flächen, unterstützen mit unserer Bauabteilung die Errichtung eigener Gebäude und wir können dank unserer finanziellen Ausstattung Dinge vorfinanzieren, errichten und dann vermieten. Außerdem gibt es eine hervorragende Anbindung: Zwei Autobahnen, Schiffstransport und Containercenter. Dazu gibt es viele Dienstleister am Standort: Verpacker, Spediteure, Verzollung et cetera. Wenn man hier produziert, kann man sofort exportieren.
stadt-wien.at: Gibt es auch Büro-Services für kleinere Unternehmen?
Lehr: Das gibt es auch. Wir bieten auch Einzelbüros an. Es gibt beispielsweise Unternehmen, die hier eine Außenstelle mit ein oder zwei Mitarbeitern gründen. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Parkplätze hier gratis sind, weil sie nicht der Parkraumbewirtschaftung unterworfen sind.
stadt-wien.at: Wie sehen ihre Wünsche für die Zukunft aus?
Lehr: Mir ist wichtig, dass Logistik nicht gänzlich aus der Stadt verdrängt wird. Mein Wunsch wäre, dass wir eine sinnvolle Kombination aus den richtigen Dienstleistern in der Stadt haben. Die Annahme, dass man mit den Logistikern auch den verkehr aus der Stadt verdrängt, ist meiner Meinung nach nicht haltbar. Im Gegenteil: Die außerhalb der Stadt an den Kreisverkehren in Niederösterreich ansässigen Logistikunternehmen machen nichts anderes, als in die Stadt zu fahren und dort auszuliefern.
Vor seiner Tätigkeit beim Hafen war Lehr als Prokurist für die Infrastruktur des Wiener Flughafens zuständig. Gemeinsam mit den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) entwickelte er den City Airport Train (CAT) und fungierte dort in der Folge als Geschäftsführer. Seit Ende 2010 ist Lehr als kaufmännischer Leiter beim Hafen tätig.
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