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Wie spendenfreudig sind Österreichs Großunternehmen?

3 Hände werfen geld, Glühbirne und Herz in eine Spendenbox.
Wer sind die Big Spender in Österreich?

Weihnachtszeit ist Spendenzeit! Mehr als ein Viertel des jährlichen Spendenvolumens wird allein im Advent gesammelt. Auch die heimischen Unternehmen beteiligen sich an dieser Summe. Wer an wen und vor allem wie viel spendet, hat stadt-wien.at exklusiv angefragt.

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Kaum öffnen die ersten Punschstände, ist die Werbung scheinbar von zwei Themen dominiert: Weihnachtsgeschenke und Spenden. Der Österreicher ist äußerst spendabel, so wurden 2019 rund 700 Millionen Euro in Österreich gespendet - Tendenz steigend, wie der Spendenindex des Fundraising Verbandes Austria zeigt.

  • Nach eigenen Angaben haben 2018 rund 64 % der Österreicher ab 16 Jahren gespendet.
  • 71 % der Wiener spenden – das ist Bundesländerrekord!
  • Alleine im Advent werden etwa 25 - 30 % der jährlichen Gesamtspendensumme generiert.

Doch nicht nur der Österreicher spendet, auch die heimischen Großunternehmen beteiligen sich an der jährlichen Spendensumme. Den Daten des Fundraising-Verbandes zufolge spenden im Schnitt:

  • Kleine Unternehmen mit bis zu neun Mitarbeitern 1.490 Euro
  • Unternehmen zwischen zehn und 49 Mitarbeitern  5.799 Euro
  • Firmen zwischen 50 und 249 Mitarbeitern  16.793 Euro
  • Großunternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern geben pro Jahr im Schnitt bereits 75.690 Euro

Generell scheint zu gelten: Je größer das Unternehmen, desto höher fällt auch die Spende aus.

Wie spenden Österreichs Unternehmen?

Der Österreicher spendet jährlich im Schnitt etwa 78 Euro pro Kopf an Bedürftige und Hilfsorganisationen jeglicher Art. Spenden hat damit in Österreich eine lange Tradition - im Privaten wie im Unternehmensbereich. Auf Unternehmensebene werden Spendenaktivitäten mittlerweile unter dem Begriff "Corporate Social Responsibility (CSR)" in die Unternehmensorganisation eingegliedert.

Die Frage die sich hinter diesem komplexen Ausdruck verbirgt ist recht simpel: Was gibt ein Unternehmen der Gesellschaft zurück? CSR steht übergeordnet für die Verantwortung von Unternehmen für ihre Auswirkungen und ihr Handeln in der Gesellschaft.

Diese Verantwortung gegenüber der Gesellschaft wird jedoch teils differenziert von den Organisationen ausgelegt. So bemängeln Kritiker, dass unter dem Deckmantel CSR auch des öfteren Ablenkungsstrategien, Schönfärberei oder einzelne Aktivitäten für PR-Zwecke zu finden sind.

CSR ist laut dem Grünbuch der Europäischen Kommission folgendermaßen definiert:

„Das Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrieren."

Damit ist die soziale Verantwortung, die ein Unternehmen gegenüber der Gesellschaft innehat auf drei Säulen gestützt: Ökologie, Soziales und Ökonomie. Zur Weihnachtszeit - der spendenfreudigsten Zeit in Österreich - wollte unsere Redaktion speziell auf die 2. Säule der Corporate Social Responsibility, das soziale Engagement, ein Auge werfen.

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Wir haben bei den "Big Playern der Wirtschaft" angefragt und 90 Unternehmen (nationale und in Österreich aktive internationale Konzerne) um ein Statement zu ihrer Corporate Citizenship (soziales Engagement) gebeten, um herauszufinden: 

Wie spendenfreudig sind Österreichs Großunternehmen?
Und... hat Österreich einen "Ebenezer Scrooge"?

» Sie wissen nicht wer Ebenezer Scrooge ist?

Corporate Citizenship: Was ist das?

Corproate Citizenship, beziehungsweise Unternehemnsbürgerschaft, ist jener Teilbereich der CSR, in dem Unternehmen sich den sozialen Problemen im lokalen Umfeld widmen und ihr bürgerschaftliches Engagement in und von Unternehmen zeigen. Durch dieses Engagement zeigt sich, wer nicht nur Geld nimmt, sondern der Gesellschaft auch etwas zurückgibt. Auf folgende Art und Weise kann Corporate Citizenship praktiziert werden:

  • Corporate Giving: Unternehmensspenden in Form von Geld oder Sachmitteln sowie das Ãœberlassen oder Spenden von Unternehmensleistungen
  • Social Sponsoring: Das Sponsern einer gemeinnützigen Organisation
  • Cause-Related Marketing: Zweckgebundenes Marketing, bei dem damit geworben wird, dass der Kauf eines Produktes einer sozialen Organisation zu Gute kommt
  • Corporate Foundations: Gründen von Stiftungen durch Unternehmen
  • Corporate Volunteering: Wenn Unternehmen ihre Mitarbeiter zur Unterstützung oder einem ehrenamtlichen Engagement motivieren
  • Social Commissioning: Die Auftragsvergabe an soziale Organisationen, etwa das Beschäftigen von Menschen mit Behinderung oder die Zusammenarbeit mit integrativen Betrieben
  • Community Joint-Venture: Eine gemeinsame Unternehmung von einer gemeinnützigen Organisation und einem Unternehmen, in die beide Partner Ressourcen und Know-how einbringen
  • Social Lobbying: Der Einsatz von Kontakten und Einfluss des Unternehmens für die Ziele gemeinnütziger Organisationen oder für Anliegen spezieller Gruppen im Gemeinwesen
  • Venture Philanthropie: Soziales „Risiko-Kapital“
  • Mitwirkung in der Gesellschaft

Wer erhält die meisten Spenden?

Kinder, Tiere und die Soforthilfe bei Katastrophen im Inland erhalten die meisten Spendenzuwendungen. Ebenfalls breite Unterstützung erhalten Obdachlose sowie sozial Benachteiligte.

Geht es um tatsächliche Geldspenden wird beim Blick auf die heimische Szene eines deutlich: Es gibt klare Spende-Favoriten. An der Spitze der heimischen Spendenempfänger liegen laut dem Spendenbericht des Fundraising Verbandes Austria das Österreichische Rote Kreuz (72,8 Mio. Euro im Jahr 2018) sowie die Caritas (71,7 Mio. Euro). Immerhin noch halb so viel Geld geht an die SOS-Kinderdörfer (37,4 Mio. Euro). Größte Spendepräferenz im Bereich des Tierschutzes zeigt Österreich für „Vier Pfoten“ mit 10,4 Mio. Euro. Zum Vergleich: Bei der jährlichen Dreikönigsaktion (Sternsingen der katholischen Kirche) kommen rund 17,46 Mio. Euro zusammen.

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Spenden oder Sponsoring?

Die beiden Bereiche sind nicht immer exakt zu trennen. Beim Sponsoring durch ein Unternehmen in Form von Geld-, Sach- und Dienstleistungen erwartet der Sponsor eine Gegenleistung, die seine Marketingziele unterstützt. Bei Spenden (in jeglicher Form) ist dies nicht der Fall.

Sponsoring ist als Betriebsausgabe steuerlich absetzbar, wenn mit den Aufwendungen ein entsprechender Werbeeffekt bezweckt wird. Wenn die Zuwendung des Sponsors die Gegenleistung des Begünstigten übersteigt, geht man vom Spendencharakter aus.

Nur die Spenden an gewisse Empfänger, sogenannte spendenbegünstigte Einrichtungen, die im österreichischen Einkommensteuergesetz genannt werden, sind steuerlich absetzbar. Insgesamt sind derzeit in Österreich Spenden an 5.829 Organisationen steuerlich absetzbar, darunter auch die Top drei der Spendenempfänger. Diese Spenden können bis zu einem Höchstbetrag von 500.000 Euro innerhalb von fünf Jahren geltend gemacht werden.

Spendenbegünstige Einrichtungen versus Spendengütesiegel

Übrigens: Die laut Einkommensteuergesetz spendenbegünstigten Einrichtungen, sind nicht mit dem Spendengütesiegel zu verwechseln. Das Gütesiegel ist eine Auszeichnung der österreichischen Kammer der Wirtschaftstreuhänder, die bestätigt, dass Non-Profit-Organisationen einem System von objektiven und nachvollziehbaren Standards entsprechen.

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Wer spendet am meisten?

Wenn es um Spenden geht, ist jeglicher Vergleich müssig, denn jede Hilfe - und ist sie noch so klein, ist für die Spenden-Empfänger wertvoll. Dennoch lässt sich bezüglich der Spendenfreudigkeit von Unternehmen, aus oben angeführten Gründen, ein moralisches Augenzwinkern nicht ganz verkneifen.

Wir stellen hier keinen Versuch eines Vergleiches an! Denn dazu sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu komplex und bedürften einer tieferen Recherchearbeit. Zusätzlich ist Spenden und soziales Engagement keine Frage von Gegenleistung, sondern es ist mehr eine Frage der Ethik, der Spenden-Ethik eben.

Mit Österreichs großen Unternehmen im Fokus wollten wir herausfinden: Wer spendet überhaupt? Warum wird gespendet? Was wird gespendet? Und vor allem: Wie viel wird von den Größten, mit einem Wink auf Umsatz-, Prämien- und Bilanzzahlen, tatsächlich gegeben?

Wie karitativ sind Österreichs Großunternehmen und hat Österreich einen Ebenezer Scrooge?

Insgesamt wurden mit November 94 Email-Anfragen an große österreichische und in Österreich aktive internationale Konzerne verschickt:

Nur 40 Unternehmen, somit nicht einmal die Hälfte äußerten sich zu ihrer sozialen Ader - manche ausführlicher als andere.

Machen Sie sich selbst ein Bild!
Wer ist ihrer Meinung nach Österreichs "Big Spender" und wer sollte mal an Heiligabend von den drei Geistern heimgesucht werden?

Die Antworten der einzelnen Unternehmen finden Sie als PDF in folgender Tabelle - ein Klick auf den Firmennamen verrät, wer wie viel und wohin gespendet hat - oder auch nicht ;)

Eines vorab: Die Ergebnisse sind sehr unterschiedlich. Manchmal sind es eben nicht die erfolgreichsten Betriebe, die am meisten weitergeben.

*1) Bilanzsumme
*2) Prämienvolumen
Int. - International
Zahlen in Mio EUR

Firma Branche Umsatz
in Mio EUR
Mitarbeiter
ORF Medien 1.045 3.900
Hypo NÖ Banken 14.000 (*1 900
Bank Austria Banken 99.000 (*1 5.400
Volksbank Wien Banken 11.500 (*1 1.300
Raiffeisen NÖ-Wien Banken 25.700 (*1 1.140
BAWAG Group Banken 44.700 Int. (*1 4.100 Int.
Bausparkasse
Wüstenrot AG Österreich
Banken/
Versicherungen
6.500 (*1 490
Wiener Städtische Versicherung AG Versicherungen 3.000 (*2 3.800
UNIQA Group Österreich Versicherungen 2.800 (*2 6.000
Generali Österreich Versicherungen 2.600 (*2 5.000
ERGO Versicherung AG Versicherungen 530  (*2 725
Helvetia Österreich Versicherungen 500  (*2 850
Nürnberger Österreich Versicherungen 106  (*2 125
Bosch AG Technologie 1.360 Ö
78.500 Int.
3.000 Ö
410.000 Int.
Henkel AG Hersteller
 Konsumgüter
19.900 Int. 53.000 Int.
Casinos Austria
Österreichische Lotterien
Glücksspiel 314 2.000
Novomatic AG Glücksspiel 2.600   3.200 Ö   
23.500 Int.
Hutchison Drei Austria Telekom-/Internet-Provider 880 1.500
T-Mobile Austria - Magenta Telekom-/Internet-Provider 1.055 1.400
H&M Hennes & Mauritz GmbH Handel: Kleidung 20.500 Int. 132.000 Int.
Peek & Cloppenburg KG Handel: Kleidung 2.100 Int. 17.000 D
Pfanner Getränke 290 Int. 430 Ö
900 Int.
McDonald's Österreich Systemgastronomie 674 9.600
REWE Group Österreich Handel: Lebensmittel 8.660 44.100
Spar Österreich-Konzern Handel: Lebensmittel 6.880 42.900
Hofer KG Handel: Lebensmittel 4.200 12.000
Lidl Österreich Handel: Lebensmittel 1.350 5.000
dm drogerie markt Handel: Drogerie
/Lebensmittel
965 Ö
11.200 Int.
7.000 Ö
62.000 Int.
Kika Leiner Handel: Möbel 1.000 5.600
Hornbach Baumarkt AG Konzern Baumarkt 3.900 Int. 1.600 Ö
20.100 Int.
Liebherr Maschinenbau 10.500 Int. 46.000 Int.
Porr AG Bauunternehmen 5.000 Int. 19.000 Int.
Buwog AG Real Estate 0,5 Int. 930
Verbund AG Energie 2.850 2.700
EnergieAllianz Energie 1.900 170
Österreichische Post AG Transport/Logistik 1.800 20.500
Gebrüder Weiss Holding AG Transport/Logistik 1.670 Int. 7.100 Int.
Austrian Airlines AG Transport/Logistik 2.200 7.100
OMV AG Mineralölunternehmen 2.300 Int. 20.000 Int.
BP Mineralölunternehmen 272.600 Int. 73.000 Int.
Royal Dutch Shell plc Mineralölunternehmen 350.000 Int. 81.000 Int.

Quelle: Zahlen gerundet, beziehen sich auf ein Geschäftsjahr und sind, soweit im Internet abrufbar, den letzten Geschäftsberichten entnommen (Quelle als Link hinterlegt)
Alle Angaben ohne Gewähr

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