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Floridsdorf: „Die Zeiten haben sich geändert“
Herr Starkbaum ist einer von vielen in Floridsdorf bzw. in den Außenbezirken, die ein altes Vorstadthaus besitzen und vor der Frage stehen; Was tun damit? Diese meist ein- bis zweigeschossigen Häuser prägten früher das dörfliche Ortsbild der Wiener Vorstädte. Die Familie Starkbaum besitzt so ein Haus in Floridsdorf. Seit drei Generationen wurde es erfolgreich als gleichnamiges Gasthaus geführt, nur „die Zeiten haben sich geändert“, meint Manfred Starkbaum. Er führte zuletzt das Gasthaus Starkbaum auf der Brünner Straße 177, doch jetzt ist es vorbei. Wirtschaftliche und gesellschaftliche Gründe haben ihn zum Verkauf bewogen.
„Emotional war es eine schmerzhafte Entscheidung das Gasthaus aufzugeben, rational gesehen war es die richtige Entscheidung, das Haus jetzt zu verkaufen.“
Wir haben mit Manfred Starkbaum gesprochen; über die örtlichen und gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahre und ihre Auswirkungen auf die Institution „Gasthaus“, sowie über seine Überlegungen und Vorgehensweise beim Verkauf der Liegenschaft.
Die Stadt Wien definierte im Stadtentwicklungsplan 2005 Floridsdorf mit der Achse Brünner Straße als Stadtentwicklungs-Zielgebiet. Welche Veränderungen konnte man in den letzten 12 Jahren rund um die Brünner Straße beobachten?
In früheren Zeiten hatte die Gegend hier eher Dorfcharakter. Der ist leider über die Jahre verloren gegangen. Das hat einerseits mit dem Zuzug und verstärktem Verkehrsaufkommen zu tun, aber hauptsächlich liegt es an den örtlichen Gegebenheiten. Die Infrastruktur ist mit dem Bevölkerungswachstum nicht mitgewachsen. Es fehlt die U-Bahn, es fehlen Geschäfte und jene Lokale, die als wichtige gesellschaftliche Zentren gelten, werden immer weniger, beziehungsweise werden durch Systemgastronomie ersetzt. Es gibt generell weniger Angebot als früher, jedoch viel mehr Bewohner. Im Bereich der Gastronomie sperren leider viele Traditionsbetriebe zu, was für die "Alteingesessenen" hart zu nehmen ist. Das verursacht bei vielen Menschen Unzufriedenheit und Unverständnis. Das ist die derzeitige Entwicklung in Floridsdorf.
Warum haben sie genau jetzt das Haus verkauft?
Einer der Hauptgründe ist die gesellschaftliche Veränderungen. Diese bekommt man in der Gastronomie früh zu spüren. Das Gasthaus war und ist in seiner Form ein Kommunikationszentrum. Das bedeutet, dort treffen sich Menschen zum Miteinander Reden. Sie stehen gemeinsam an der Schank oder setzten sich zu anderen an den Tisch dazu. Diese Art der Kommunikation hat im Laufe der letzten Jahrzehnte immer mehr abgenommen und ist bei jungen Leuten nicht mehr gefragt. Kommunikation passiert heute auf anderen Wegen, wie z. B. im Internet. In weiterer Folge ist Floridsdorf in den letzten Jahren extrem gewachsen. Tausende neue Leute sind zugezogen und die wollen diese Form der Kommunikation nicht mehr.
Des weiteren ist es in der Gastronomie schwieriger geworden, zu überleben. Die Rahmenbedingungen haben sich verschärft, mit immer mehr gewerberechtlichen Auflagen und den damit verbundenen Investitionen. Auch die Personalfindung ist in der Gastronomie immer schwieriger geworden.
Das wichtigste im Gasthaus sind gute und loyale Mitarbeiter, die heute aufgrund von immer unrealistischeren Kollektivlöhnen und gleichzeitig steigenden Sozialleistungen schwierig zu finden sind. Auch die Wertschätzung eines Kellners bzw. Küchenpersonals ist heute nicht mehr so gegeben wie früher. Wobei scheinbar die Gäste auch keinen so großen Wert mehr auf einen guten Kellner legen. Einen guten Wiener Kellner muss man suchen. Ein guter Wiener Kellner hat Schmäh! (Der leider heute auch schon verloren gegangen ist). Früher im Gasthaus wurde das von den Gästen sehr geschätzt, wenn ein Kellner „an Schmäh“ hatte und die Stammgäste bekundeten durchwegs auch ihren Unmut: „Du, bitte, das geht nicht, der Kellner hat keinen Schmäh. Der kommuniziert nicht!“ So wurde der Kellner ausgetauscht, weil er nicht „kommunizierte“. Das war für mich als Wirt ok.
Jeder weiß, Gastronomie in dieser Form ist viel Arbeit, mühsam verdientes Geld und das will sich heue keiner mehr antun. Das Wirtshaussterben ist ein österreichweites Phänomen. Laut Statistik wurden in den letzten zehn Jahren mehr als die Hälfte der Gasthäuser zugesperrt.
Und so kam nach einigen verschiedenen Anläufen letzendlich die Entscheidung, das ganze Haus zu verkaufen. Bevor hier ein Lokal nicht im Sinne der familiären Tadition betrieben wird, soll dort an der Brünner Straße lieber etwas ganz Anderes und Neues entstehen.
Wie sind Sie beim Verkauf des Hauses vorgegangen, welche Ãœberlegungen haben Sie sich gestellt?
Wir haben verschiedenste Varianten durchüberlegt. Auch selber das Haus auszubauen wurde angedacht. Dann war aber schnell klar, dass wir uns einen professionellen Bauträger als Käufer suchen. Bei der Käufersuche bin ich pragmatisch vorgegangen. Ich habe viele Bauträger angeschrieben und mich schlussendlich für den Verkauf an die AIRA Development Group entschieden - aus Sympathie. Der erste Eindruck hat gepasst. Im Laufe der Verhandlungen hat sich eine fast freundschaftliche Vertrauensbasis gebildet. Auch die weitere Vertragsabwicklung hat reibungslos funktioniert. Alles wurde verlässlich und korrekt berechnet und eingehalten. Ich habe mir vorab Bauprojekte von AIRA angesehen und die fand ich architektonisch ansprechend. So gehe ich sehr davon aus, dass es in der Brünner Straße auch wieder so sein wird.
In absehbarer Zeit entsteht auf der Brünner Straße 177 in Floridsdorf ein vom Bauträger AIRA Development Group GmbH entwickeltes neues, modernes Mehrparteienwohnhaus.
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Karl Sikula
31. Mai 2023 - 14:54 Uhr
Eine Schweinerei so ein Wirtshaus zu verkaufen.DieGründe sind an den Haaren herbei gezogen. So geht alles alte und schöne in jedem Bezirk verloren.