Kunst & Kultur
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World Press Photo 2011
Die alljährliche Wanderausstellung der besten Pressebilder des Jahres 2011 ist heuer bereits zum 10. Mal von der World Press Photo Foundation zu sehen. In Wien ist das Fotomuseum Westlicht der Schauplatz dieser für den Fotojournalismus bedeutendsten alljährlichen, hochkarätigen Ausstellung.
Die unabhängige Organisation der World Press Photo Foundation hat ihren Sitz in Amsterdam und wurde bereits 1955 gegründet. Weltweit wird die WPP-Foundation von Canon und TNT gesponsert.
Alljährlich werden Pressefotografen der ganzen Welt eingeladen. Das Interesse ist dermaßen groß, dass es auch heuer die Aufgabe einer internationalen, unabhängigen Jury von mittlerweile 19 Mitgliedern war, die Einsendeflut von fast 110.000 Bildern, aus 125 Ländern von 5.847 Fotografen zu sichten und zu beurteilen.
Die Fotos werden nach ihrem Nachrichtenwert und ihrem kreativen Potential beurteilt.
2011 wurden von der Jury 56 Fotografen aus 23 verschiedenen Ländern ausgezeichnet, deren Bilder in einzelne Fotokategorien wie Reportage, Porträts, harte Fakten, Kunst und Kultur, Alltagsleben, Natur und einige mehr unterteilt wurden.
Die Gewinnerin des World Press Photo des Jahres und die Hintergründe, die zum Siegerbild führten
Das Siegerbild von 2011, dieses Jahr aus der Kategorie Porträt, stammt aus der Linse der südafrikanischen Fotografin Jodie Bieber. Ihre Aufnahme zeigt die 18-jahre junge afghanische Frau Aisha, der nach Taliban-Tradition als Strafe die Nase und die Ohren abgeschnitten wurden, weil sie aus dem Haus ihres gewalttätigen Ehemanns geflüchtet war. In dieser Region heißt es von einer Frau, die ihren Mann angeblich entehrt haben soll, er habe seine Nase verloren. So gilt der Verlust der Nase als gerechte Strafe. Der Taliban-Anführer, der Aisha auf diese grausame Art bestrafte, ließ sie in den Bergen zurück.
Zum Glück wurde sie gefunden und nach Kabul in die Hilfsorganisation „Women for Afghan Women gebracht. Hier wurde sie medizinisch erstversorgt und psychologisch betreut.
Jodie Bieber, der diese großartige Aufnahme gelungen ist, hat die Kamera als Ausdrucksmittel sehr früh entdeckt.
Ihre Heimat Südafrika hat sie mit Hilfe der Fotografie erst wirklich entdeckt und dokumentarisch festgehalten.
Der sichere Job in der Werbebranche wurde zu Gunsten eines auf drei Monate befristeten Volontariats bei der südafrikanischen Zeitung „the Star“ aufgegeben. Nach drei Tagen bekam Jodi Bieber bereits die Titelseite für eines ihrer Fotos. Heute ist die Welt der Redaktionen, Ausstellungen, Galerien schon ein zweites Parkett neben ihrer gründlichen fotografischen Recherchetätigkeit und ihren Reisen geworden.
Das Siegerfoto stammt von einer weiblichen Fotografin, ihre Art der fotografischen Annäherung an das Thema und die Menschen, die sie fotografiert, ist ein sehr sensibler und wertschätzender Umgang mit den Menschen vor ihrem Objektiv.
Zum Siegerfoto kam Bieber, weil sie im Auftrag des Time Magazins nach Afghanistan fahren sollte.
Bieber, sagt von sich, dass sie sich nicht als Pressefotografin sieht. Ihre Stärke sind Porträts.
Auch über den innerlichen Konflikt den sie hatte, die ethische Vertretbarkeit, sprach die Preisträgerin, das so traumatisierte Mädchen, das sie bei Afghan Women Shelters getroffen hatte, wieder abzulichten.
Die Schönheit von Aisha fiel der Fotografin auf, sie versuchte die Situation zu entspannen und bat Aisha an etwas zu denken, bei dem sie sich gut fühlen würde und das ihr Kraft gäbe.
Das war der magische Moment, in dem J. Bieber den Auslöser betätigte und die Schönheit des Augenblicks einfangen konnte.
Das in der Kategorie Einzelfoto aufgenommene Bild ging um die ganze Welt und machte, die inzwischen in Ney York lebende junge Frau bekannt. Aisha bekam durch die Publicity ihr Visum für die Einreise in die Staaten etwas schneller und nach einem chirurgischen Eingriff ein Nasen-Implantat.
Ihr größter Wunsch ist es jetzt, wie jede andere junge Frau in New York aufzuwachsen.
Jodi Bieber hat mit ihrem Foto auch eine starke Botschaft gegen die alltägliche Gewalt gegen Frauen ausgesendet.
Ihre Art den Fotojournalismus zu betreiben ist ein sensibler Umgang mit der Kamera, sie gibt dem Voyeurismus keine Chance, sondern versucht die Normalität zu fotografieren, die wie in Südafrika von Gewalt, HIV, und Gewalt-Verbrechen flankiert ist.
Durch die diesjährige Ausstellung im Westlicht Fotomuseum führte der Kurator Erik de Kruijf von der WWP Foundation.
Er betonte wieder dass Freiheit eines der größten Anliegen der WWP wäre.
Nicht nur einmal, ist es passiert, dass die beeindruckende Wanderausstellung, vor Ablauf der Ausstellungszeit abgenommen werden musste, da es in vielen Ländern sehr gefährlich wäre, nicht beschönigende Pressefotos zu zeigen. So geschehen ist es in Beirut, als öffentlich wurde, dass der Fotograf eines Bildes israelischer Herkunft war.
Weltweit ist die Ausstellung an rund 100 verschiedenen Standorten zu sehen!
Entsetzen und Erschütterung machen sich bei vielen prämierten Fotos beim Betrachter in der Ausstellung bemerkbar. Viele Fotos regen dazu an, sich mit einer Thematik intensiver auseinanderzusetzen. Sie aus einem anderen Blickwinkel zu sehen. Viele Arbeiten überschreiten eine Grenze, machen den Rezipienten zum Voyeur. Es sind Bilder von Erdbeben und anderen Katastrophen zu sehen.
Fotos, die nicht angenehm sind sie anzuschauen, doch aber auf das Leid, das Elend und die Armut hinweisen. Bilder von Missbildungen und Behinderungen, wie das zum zweitbesten Foto prämierte Bild, das die neunjährige Vietnamesin Nguyen Thi Li zeigt, die eine Behinderung hat, unter der mehr als 150.000 Kinder in Vietnam leiden, weil ihre Eltern dem Dioxin eines Entlaubungsmittels ausgesetzt waren.
Auch in diesem Fall macht die Fotografie einen Missstand deutlich, wie es das geschriebene Wort niemals so eindringlich könnte. Im Fotojournalismus hat das Foto eine herausragende Bedeutung.
Die Bilder dokumentieren das Zeitgeschehen. Auf missglückte oder unter katastrophalen, hygienischen Maßnahmen durchgeführte Operationen, wie einen in Kenia illegal durchgeführten Schwangerschaftsabbruch einer jungen Frau mit den einfachen medizinischen Utensilien Stricknadel und einem Gummischlauch wird ebenso die Aufmerksamkeit gelenkt, wie auf verletzte, sterbende Menschen oder nur mehr auf ihre Überreste, um das mit dem 2. Platz prämierte Foto in der Kategorie der Reportagen zu erwähnen, das eine Massenfeuerbestattung von Erdbebenopfern in China zeigt, die gegen der sonstigen Tradition von tibetischen Mönchen auf Grund der großen Anzahl der 2.600 Verstorbenen, nicht die Himmelbestattung wählten.
Aus diesem Grund ist es der WWP-Foundation ein großes Anliegen die wichtigsten Fotojournalisten weltweit auszuzeichnen und auf ihre Bedeutung in der medialen Berichterstattung hinzuweisen.
Österreichische Pressefotografen mit dem Pressefotopreises Objektiv 2011 ausgezeichnet
Das Fotomuseum Westlicht zeigt heuer erstmals neben der World Press Fotoausstellung im oberen Stockwerk
die Gewinner des zum 6.Mal stattfindenden Fotopreises „Objektiv 2011“, der in 6 Kategorien jährlich von Canon und der APA vergeben wird.
Die Gewinner-Serie stammt vom österreichischen Fotografen Heinz Stephan Tesarek, der Präsidentenwahl in Weißrußland abgelichtet hat.
Verena Nussbaumer
Ausstellung 09.09.2011 – 09.10.2011
Das Fotomuseum Westlicht
Westbahnstraße 40
1070 Wien
Öffnungszeiten: täglich von 11 – 19Uhr geöffnet.
Am Donnerstag von 11 – 21 Uhr
www.westlicht.com
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