Rund um die Donau
Geschichte vom Ortsteil Kagran
Chronik von Wien-Kagran
Dieses ehemalige Marchfelddorf besteht seit dem 12.Jh.; die Herkunft des Namens lässt zwei Deutungen zu. Die gängige Version nimmt das keltische Wort "Gagoran"= Wagram, Wogenrain (am Flussufer gelegen) als Wurzelwort an.
Beginnend mit einem "Purchman de Chagran" scheinen in Dokumenten ein Kuntrat von Hintberg, dessen Nachfahren, in der Barockzeit ein Graf von Attems und eine Marchesa Strozzi als Ortseigentümer auf; der letzte Grundherr war ab 1674 das Stift Klosterneuburg.
Seiner jetzt noch erkennbaren Form nach ist Kagran ein Linsenangerdorf, den Platz des bis 1904 existierenden Dorfteichs nehmen heute ein kleiner Park und das Bezirksmuseum ein. An etwas erhöhter Stelle baute man einst die Kirche St. Georg, deren Gründungsdatum unbekannt ist. Sie war bis zur Jahrhundertwende von einem Friedhof umgeben.
Ab dem 16.Jh. befand sich im Ort inmitten der Gehöfte der hörigen Bauern ein "Freihof", dessen jeweiliger Besitzer dem Grundherren nicht dienst- und steuerpflichtig war. Wie alle umliegenden Gemeinden erlebte auch Kagran viel Leidvolles. So berichtet die Chronik von einem Großbrand 1630, von marodierenden Türken, 1713 von Pestopfern, 1730 von einem neuerlichen verheerenden Feuer, von Schäden durch die Franzosenkriege und durch den Eisstoß und das darauf folgende Hochwasser von 1830.
Nach Ende der Donauregulierung fand der bis dahin verschlafene Ort rasch Anschluss an die nahe Hauptstadt, zu der auf Umwegen bereits seit den Achtzigerjahren über die Dampftramway eine Verbindung gegeben war. 1898 etablierte sich vor der Kirche die Endstation der "Ritschelbahn" (elektrische Straßenbahn der Fa.Ritschel), und bald war Kagran von den Wienern als interessanter Ausflugsort entdeckt, die stattlichen Einkehrgasthöfe am Dorfplatz bekamen neue Gäste. Zu dieser Zeit zählte der Ort 139 Häuser und 1626 Einwohner; zehn Jahre später hatte sich die Bevölkerung fast verdreifacht.
1904 erfolgte der Anschluss an Wien, der Dorfteich wurde zugeschüttet und das Spritzenhaus der Freiwilligen Feuerwehr in Betrieb genommen. Bald bezog man Hochquellwasser (1910) und Elektrizität (1912) aus "Wien", ab 1922 fuhr die Dampftramway elektrisch, am südlichen Ortsrand entstand das mächtige Gebäude der Karlskaserne, Richtung Breitenlee eine Lackfabrik.
In der Zwischenkriegszeit war Alt-Kagran, so die übliche Bezeichnung,ein Dorf, das allerdings durch die mehrstöckigen Häuser an der Wagramer- und der Donaufelderstraße einen städtischen Charakter hatte.
Davon abgehoben lag das weite Areal der "Freihofsiedlung", in den Zwanzigerjahren als Gemeindesiedlung mit 1014 Wohneinheiten auf Miniparzellen errichtet und 25 Jahre später um weitere 233 Wohnungen erweitert. Im Laufe der letzten 20 Jahre ist, von den alten Ortskernen Kagran und Stadlau ausgehend, ein nahezu geschlossenes Wohngebiet entstanden.
Es besteht teils aus vielgeschossigen Wohnhausanlagen, teils aus Einfamilienhäusern. Dazu wurde beiderseits der Wagramerstraße das Bezirkszentrum situiert: Bezirksverwaltung, Justiz, Finanz und Polizei sind hier vertreten, ebenso höhere Schulen, die Endstelle der U- Bahn und der zentrale Ausgangspunkt aller wesentlichen Verkehrslinien und als Publikumsmagnet schlechthin das "Donauzentrum", ein höchstfrequentierter Konsumtempel.
Text und Bild: Gerhard Frey
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