Kirchen
Rundgang Stephansdom in Wort und Bild
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Stephansplatz 3, 1010 Wien
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U1 oder U3 bis zur Station Stephansplatz
Busse 1A, 2A, 3A (Stephansplatz/Brandstätte)
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Wenn man den Stephansdom durch das Riesentor betritt, eröffnet sich der freie Blick - zunächst noch begrenzt durch die Orgelempore und die beiden Heidentürme - in die gotische, dreischiffige Halle, wie sie für eine Stadtkirche im spätgotischen Mitteleuropa üblich war. Die Existenz der fast gleich breiten Seitenschiffe wird wohl wahrgenommen, jedoch beherrscht das Langhaus-Mittelschiff, das höher ist als die Seitenschiffe, den Charakter des Innenraumes. Die Höhe des Mittelschiffes beträgt 28 Meter. Es würde also ein Haus mit ungefähr acht Stockwerken hineinpassen... Trotz dieser Größe wirkt die Halle harmonisch. Schlanke Fensterpaare verdrängen die Mauer. Der Turm ist um ein Drittel höher, als die Kirche lang.
Sehenswerter Stephansdom: vom Hochaltar bis zu den Katakomben
Der Wiener Neustädter Altar
Der historisch bedeutende Altar wurde erst 1883 aus dem Neukloster von Wiener Neustadt nach St. Stephan gebracht. Er steht seit 1952 im Polygon (Polygon = vieleckiger Raum) des Frauenchores. 1948 - 1952 diente er als provisorischer Hochaltar. Er wurde von Friedrich III., gekennzeichnet mit der Jahreszahl 1447 und der geheimnisvollen Devise AEIOU, in Auftrag gegeben. Er ist ein vierflügeliger Wandelaltar, der mit Heiligenfiguren, der Krönung Mariens, dem Marientod, der Geburt Christi und der Epiphanie (Epiphanie = das Erscheinen einer Gottheit; das Fest der Erscheinung Christi; ursprünglich sein Geburts-, dann sein Tauffest; in der kath. Kirche zugleich das Fest der Hl. 3 Könige) bemalt ist.
Im doppelgeschoßigen Schrein sind unten Maria mit dem Jesukind, flankiert von der Hl. Barbara und der Hl. Katharina, und oben abermals die Krönung Mariens dargestellt. Die kleinen Statuen im Mittelschrein zeigen den Hl. Benedikt und den Hl. Bernhard, und weisen so auch auf die Verbindung zu einem Zisterzienserkloster hin.
Der Hochaltar
Fürsterzbischof Philipp Friedrich Graf Breuner begann im Stephansdom mit der Barockisierung. Er beauftragte das Brüderpaar Johann Jakob und Tobias Pock aus Konstanz mit der Errichtung des neuen Hochaltares. Von den unteren Statuen stellen die beiden inneren die Landespatrone Leopold und Florian, die äußeren die Pestpatrone Sebastian und Rochus dar. Als Giebelfiguren wurden die Organisatoren des frühgermanischen Christentums, die Bischöfe Rupert und Bonifatius, gewählt. Das Bild im Altarüberbau zeigt die Himmelfahrt Mariens, den Sprenggiebel beherrscht als Bekrönung des ganzen Altares eine von Engeln umgebene Muttergottesfigur.
Das große Altarbild wurde von Tobias Pock auf einer 28 Quadratmeter großen Zinnplatte geschaffen. Es stellt die Steinigung des hl. Stephanus dar. Er ist von den Steinen getroffen in die Knie gesunken, sein Blick richtet sich nach oben, wo er den Himmel offen und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen sieht.
Bedeutend sind auch noch die erhaltenen Glasfenster, die im Mittelpolygon (rund um den Hochaltar) zu sehen sind. Einige Fragmente der Chorverglasung sind im Historischen Museum der Stadt Wien zu sehen.
Wie wunderbar die Kirche gebaut ist, ergaben astronomische Forschungen. Am Namensfest des heiligen Stephanus fallen zum Sonnenaufgang die ersten Lichtstrahlen genau mitten durch den Dom, vom Ostfenster hin bis mitten zum großen Westtor.
Das barocke Chorgestühl mit den Bischofsbüsten von Matthias Hackl (1647) geht auf die Zeit der barocken Einrichtung des Domes zurück. Vor dem Chorgestühl befinden sich zwei Pfeileraltäre (um ca. 1728), rechts dem hl. Bischof Karl Borromäus, links dem hl. Johannes Nepomuk geweiht.
Für St. Stephan schuf Tobias Pock später noch das Altarblatt des Peter- und Paul - Altares, den die Steinmetzzunft 1677 errichtete und der sich als zweitältester Barockaltar des Domes unter dem Orgelfuß erhalten hat.
Blick zur Westempore und zur alten Orgel
Ein Blick nach Westen zeigt die reiche Ausbildung der Westempore, wie sie Meister Puchsbaum als Vollendung seines Werkes geschaffen hat. Die Empore war in alter Zeit dem Fürstenhaus reserviert. Bis zur Katastrophe 1945 stand hier das mittelalterliche Chorgestühl von Wilhelm Rollinger (um 1486) vor der Reihe der gotischen Pfeiler. Dieses spätgotische Chorgestühl gab mit seinen 84 Sitzen die Möglichkeit, das Domkapitel, die erzbischöfliche Cur und die Priester bei Feierlichkeiten um ihren Bischof zu versammeln.
Darüber befanden sich eine Orgelempore und ein Kaiseroratorium aus der Zeit des Bischof Breuner (1648). Das große Fenster an der Westfassade, nach einem Entwurf des Tirolers Josef Windmoser (1972), zeigt auf blauem Grund ein rot leuchtendes Kreuz und darüber sonnenartige Strahlen.
Die alte Orgel
Sie stammte aus der Zeit um 1720 und wurde von einem Wiener Bürger, Georg Neuhauser, gestiftet. 1770 wurde sie neu hergerichtet und auf 45 Register vergrößert. 1886 baute die Orgelbaufirma E. F. Walker in Ludwigsburg diese Orgel völlig um. Sie war eine mechanische Orgel, besaß 90 Register, drei Manuale und ein Pedal, mit insgesamt 6000 Pfeifen. Die Orgel wurde von Anton Bruckner zum erstenmal gespielt. Bei der Brandkatastrophe 1945 wurde diese große Orgel völlig zerstört.
Die Orgelbaufirma J. Kauffmann errichtete von 1956 - 1960 auf der Westempore eine Riesenorgel in vier Teilen: ein Hauptprospekt (Prospekt = das kunstvoll gestaltete Gehäuse des Pfeifenwerks der Orgel) mit einem Mittelprospekt und zwei Seitenprospekte. Der Entwurf dieser Prospekte stammt von Dombaumeister Stögerer, die plastische Ausschmückung besorgte Bildhauer Josef Troyer. Das gesamte Orgelwerk verfügt über 125 klingende Register mit insgesamt ungefähr 10.000 Pfeifen, vier Manualen und einem Pedal. Sie wurde am 2. Okt. 1960, gemeinsam mit den elf neuen Glocken für den Südturm, eingeweiht.
Grab Friedrich III.
Vorne im rechten Seitenschiff, dem Apostelchor, steht das monumentale Grabmal Kaiser Friedrichs III., welches in der Zeit zwischen 1467 und 1513 aus rotem Marmor errichtet worden ist. Der Entwurf stammt von dem durch den Kaiser berufenen niederländischen Künstler Niclaes Gerhaert van Leyden, welcher noch die Grabplatte mit der Liegefigur des Kaisers ausgearbeitet hat. Die Arbeit an dem Hochgrab zog sich durch zwei Generationen hin und wurde unter anderen von Max Valmet weitergeführt und schließlich von Michael Tichter, der als des Kaisers "Grabmeister" bezeichnet wird, vollendet.
Es handelt sich um das bedeutendste spätgotische Hochgrab, das ursprünglich dazu bestimmt war, in der Burgkirche des Kaisers in Wiener Neustadt aufgestellt zu werden. Die Grabplatte zeigt den Herrscher mit seinem auf einem Kopfkissen ruhenden Haupt, dennoch aber in beweglicher Schrittstellung. Er hält seine Insignien und ist von den Wappen der habsburgischen Länder und von zwei Löwen mit weiteren Insignien flankiert. Links zeigt das Zepter ein Spruchband mit den typischen Vokalen: AEIOU.
Dieses Grabmonument mit über 240 Statuen ist mehr als ein imponierendes Prunkgrab. Es ist zugleich Symbol einer Zeitenwende. Friedrich III. war der letzte Kaiser im Geiste der römisch - christlichen Reichsidee, nach der das Kaisertum das überstaatliche Sinnbild eines christlichen Abendlandes war. Neue Staatstheorien im Geiste des Nikolaus von Kues begannen sich durchzusetzen.
Noch im Tod wollte Friedrich vom sakralen Glanz der Kaiserwürde umgeben sein. Der Schöpfer des Friedrichsgrabes, der durch den Kaiser aus Straßburg berufene Niederländer Niclaes Gerhaert van Leyden, war die bedeutendste Bildhauerpersönlichkeit nördlich der Alpen und sein Werk übte tiefgreifende und weitreichende Einflüsse auf die folgende Künstlergeneration aus.
Lettner Kreuz
An der südlichen Chorwand wurde zur Erinnerung an die Opfer der beiden Weltkriege eine Gedenktafel errichtet, über der sich ein Kreuz erhebt, in dessen Corpus der Kopf und die Hände des verbrannten Triumphbogenkreuzes eingearbeitet sind. Vor 1945 hing dieses Kreuz im Mittelschiff.
Die neue Orgel
Sie wurde im Apostelchor (Friedrichsschiff) knapp nach dem Querschiff beim ersten Fenster, aufgestellt. Schallmessungen haben ergeben, daß dieser Standort als der günstigste zu bezeichnen ist. Im Mozart - Jahr, im September 1991, wurde die Rieger-Orgel eingeweiht. Daß der Dom diese klanglich hervorragende Orgel bekommen hat, ist dem damaligen Wiener Erzbischof, Kardinal Dr. Hans Hermann Groer und dem Domorganisten, Prof. Peter Planyavsky, zu verdanken.
Dienstboten-Muttergottes
Bei der neuen Orgel steht die Dienstboten-Muttergottes, eine anmutige Statue aus dem 14. Jhdt. von hohem künstlerischem Rang..
Katharinenkapelle
Die Kapelle hat einen achteckigen Grundriß und ein zweijochiges (Joch = der einem Gewölbefeld entsprechende Raumteil) schmales Polygon. Das Christushaupt ist im Osten auf dem Schlußstein zu sehen, im zweiten Joch das Osterlamm. Der hängende Schlußstein zeigt das Bild der heiligen Katharina. Bemerkenswert ist auch die Tatsache, daß die hl. Katharina von Alexandrien die Schutzheilige der Universität ist. Die Kapelle steht genau gegenüber der einst so bedeutenden Lateinschule. Sie ist in besonderem Zusammenhang zur Gründung der Wiener Universität (1365) zu sehen. Diese Gründung geht letzten Endes auf das Prager Vorbild durch Karl IV., den Schwiegervater Rudolf IV., zurück.
Die Bistumsgründung (1469) hingegen war Anlaß zum Bau der Kapelle im Nordturm, die ursprünglich dem hl. Urbanus geweiht war. Das mag auch die frühere Inangriffnahme des Südturmprojektes erklären. Im kleinen Polygon steht ein neugotischer Altar mit einer Katharinenskulptur aus der Zeit um 1400. Bedeutend ist auch noch der Taufbrunnen.
Der Taufbrunnen
Er befindet sich in der Katharinenkapelle. Der Taufstein ist aus Marmor, an seinem Fuß sind die vier Evangelisten dargestellt. Am vierzehneckigen Becken sind Reliefs mit der Darstellung Christi, Johannes des Täufers und der zwölf Apostel angebracht. Das Taufbecken stammt von Ulrich Auer aus Salzburg und ist mit 1481 datiert.
Der durch längere Zeit als Schalldeckel der Kanzel verwendete Aufsatz aus Holz mit Reliefs der sieben Sakramente und der Taufe Christi am Knauf ist von besonderer Schönheit. Ursprünglich stand das Taufbecken in der Nähe des Lettners und wurde bei der Barockisierung (1647) in die Katharinenkapelle transferiert. Seit dieser Zeit wird die Katharinenkapelle bis heute als Taufkapelle benützt.
Vermessungspunkt
Ebenfalls in der Turmhalle befindet sich der wichtige Vermessungspunkt. Hier wird die Höhe von 171 m über dem Meeresspiegel exakt angegeben (hier wird von Venedig aus gemessen, und nicht - wie sonst üblich - von Triest).
Türkendenkmal
In der Halle des Südturmes wurden an der Westwand die Reste des Türkenbefreiungsdenkmales neu zusammengestellt: Madonna mit dem Kind, Papst Innozenz XI. und Kaiser Leopold I. Ursprünglich war dieses Denkmal anläßlich der 200-Jahr-Feier der Befreiung Wiens von den Türken (13. Sept. 1683) in Auftrag gegeben und 1894 enthüllt worden. Paula von Preradovic - die Verfasserin des Textes unserer Bundeshymne - verfaßte die derzeitige Inschrift. Die lateinische Übersetzung stammt von Erzbischof Koadjutor Dr. Franz Jachym. Einige zerstörte Figuren dieses Denkmales sind noch im Lapidarium in der Unterkirche zu sehen.
Füchsel - Baldachin und Leopoldaltar
In jedem Eckbereich des Langhauses, das im Grundriß ziemlich genau ein Quadrat ist, war ein Baldachin - Altar vorgesehen. Der früheste wurde im Nordwesten - der Puchheim’sche Baldachin - aufgestellt, gefolgt vom südöstlichen - dem Füchsel - Baldachin. Dieser wurde von Agnes Füchsel im Jahre 1448 gestiftet.
Auf der Orgeltribüne war früher die berühmteste aller Orgeln des Domes in seiner Geschichte, ein Werk aus der Übergangsphase von der Spätgotik zur Renaissance, an der u. a. der bedeutendste Organist seiner Zeit (16. Jhdt) Paul Hofhaimer wirkte. Heute ist darunter der Leopoldaltar, ein hochwertiges Schnitzwerk der Neugotik. Ursprünglich stand hier bis 1905 der Ulrichsaltar.
Chorgestühl und Oratorium
Im rechten Langhaus - Seitenschiff ist zwischen dem Dreifaltigkeitsaltar und dem Sebastiansaltar noch ein altes Chorgestühl, aus der Zeit um 1640, zu sehen.
Darüber befindet sich das Oratorium aus der Mitte des 18. Jahrhunderts.
Südwest-Baldachin und Maria Pócz
Dieser Baldachin stammt aus der Zeit um 1510, entweder von Gregor Hauser oder Jörg Oechsel. Hier ist schon gegenüber dem Füchsel - Baldachin eine Bereicherung der Form und eine Steigerung durch das Material erkennbar. Außer dem Sandstein wird noch Salzburger Marmor - für die Säulen - verwendet.
1948 baute Dombaumeister Holey unter diesem Baldachin den Altar für das Gnadenbild "Maria Pocz". Kaiser Leopold I. ließ das Marienbild auf Betreiben des Kapuzinerpaters Marco d’ Aviano aus dem Ursprungsland der Verehrung in Pocs (Oberungarn) 1697 nach Wien bringen und im Stephansdom aufstellen.
Das Bild wurde im Typus einer älteren Ikone 1676 in Ungarn gemalt. Diese Ikone wird mit einem Tränenwunder in Verbindung gebracht. Bis 1945 war das Pötsch - Bild am Hochaltar der Stephanskirche so über dem Tabernakelaufbau angebracht, daß es dem Altarbild vorgesteckt werden konnte. Diese Manier, an Altären sogenannte "Vorsteckbilder" zu montieren, blieb ein lange geübter Brauch in vielen Kirchen Österreichs.
Eligiuskapelle
Wenn man bei Sonnenschein die Kapelle betritt, fällt das Pfingstfenster auf, das von Otto Hurm gestaltet wurde. Der damalige Dompfarrer, Prälat Dr. Karl R. Dorr, richtete 1963 die Abendkirche ein, das heißt: der Zugang zur Eligiuskapelle wurde auf den heutigen Standort verlegt, ein Aussprache- und Beichtzimmer wurde geschaffen und der rückwärtige Teil bis zu den Gittern bleibt bis 22 Uhr geöffnet.
Beim Ausgang (Riesentor) sehen wir noch zwei Holzstatuen, Tobias und den Erzengel Raphael, vom Grazer Professor Hans Mauracher geschaffen.
Tirna- oder Kreuzkapelle (Prinz Eugenkapelle)
An der linken, inneren Westfront sehen wir ein barockes, schmiedeeisernes Gitter, geziert mit dem Wappen vom Goldenen Vlies. Für Prinz Eugen von Savoyen (1663- 1736), dem Sieger über die Türken bei Zenta und 1711 bei Belgrad, wurde hier ein Grabmal und eine Gruft errichtet. Vorne beim Altar ist ein gotisches Holzkreuz - vermutlich eine Arbeit aus der Mitte des 14. Jahrhunderts - zu sehen. Nach diesem Kreuz ist auch die Kapelle benannt.
Johannes Cuspinianus (Spieshaymer)
Gleich links neben der Prinz Eugenkapelle findet sich ein Grabdenkmal (aus Lienbacher Marmor) des Humanisten Johannes Cuspinianus. Er war Arzt, Dichter, Geschichtsschreiber, Diplomat im Dienste Kaiser Maximilians. Sein vielseitiges, geistiges Wirken an der Wiener Universität machte ihn zu einer der führenden Persönlichkeiten des mitteleuropäischen Humanismus.
Puchheim´scher Baldachin
An der nördlichen Langhauswand befindet sich vor dem Bischofstor dieser Puchheim´sche Baldachin. Er wurde von Elsbeth, der Gemahlin Wilhelms von Puchheim, gestiftet. In jeder Ecke des Langhauses war ein Baldachin - Altar vorgesehen. Die Baldachin - Altäre entsprechen in ihrer architektonischen Gestaltung weitgehend dem gleichen Prinzip. Unter dem Baldachin befindet sich ein Herz Jesu Bild aus dem 18. Jahrhundert. Während der Weihnachtszeit ist dort der vom Osttiroler Josef Troyer geschnitzte Krippenaltar aufgestellt.
Aus stilistischen Gründen dürfte dieser Baldachin Hans Puchsbaum zugeschrieben werden und nicht dem damaligen Dombaumeister Hans von Prachatitz.
Kanzel
Inmitten des Langhauses, das im Mittelalter als Laienkirche diente, von der der Chorraum als Bereich für die Kleriker durch einen Lettner (Lettner = eine den Chor von der übrigen Kirche trennende Wand, teilweise mit Durchgängen und Empore = bühnenartig erhöhter Aufbau) separiert war, befindet sich die kunstvolle Kanzel. Sie wird vielfach als das Werk des bekannten Meisters Anton Pilgram (ca. um 1500) angenommen. Es gibt aber auch wissenschaftliche Untersuchungen, die den Bau der Kanzel Niclaes Gerhaert van Leyden - dem Künstler des Friedrichsgrabes - zuschreiben. Die zentrale Bedeutung der Predigt kommt - und dies ist für die Entstehungszeit vor der Reformation durchaus beachtenswert - in der Gestaltung der Kanzel zur Geltung.
"Von diesem Predigtstuhl wurde nicht nur das Wort Gottes verkündet, er ist selber eine Predigt in Stein. Bei der Betrachtung möge man die zwei Elemente auseinanderhalten: die Kanzel und den Aufgang zu ihr. Der Kanzelfuß ruht auf einem Sechspaß, über dem sich die Büsten der vier lateinischen Kirchenväter: Augustinus, Gregor, Hieronymus und Ambrosius erheben."
Vierzehn Stufen führen auf die Kanzel hinauf. Am steinernen Handlauf erkennt man Kröten, die einander folgen, entgegenkriechen, weiter oben auch Eidechsen, Panzerechsen und Schlangen. Hier wird der Kampf des Guten mit dem Bösen symbolisiert. Oben am Eingang zur Kanzel wacht ein Hündchen, das das empor- kriechende Böse als treuer Wächter nicht einläßt. Im Sockel hat sich der Meister selbst verewigt, wie er sein Fenster öffnet und aus seinem Werk herausblickt: der Fenstergucker. Bis 1945 war über der Kanzel ein hoher, überaus feiner, aus Holz geschnitzter Schalldeckel.
Orgelfuß
Das bedeutendste Denkmal an der Nordseite des Langhauses ist der Orgelfuß. Ursprünglich sollte dort ein Altarbaldachin mit einer Orgelbühne errichtet werden. Darüber kam es zu einem künstlerischen Wettstreit des Dombaumeisters Jörg Oechsel mit dem vom Wiener Rat aus Brünn berufenen Meister Anton Pilgram. Pilgram setzte sich durch, worauf Oechsel seine Stelle als Dombaumeister aufkündigte.
Der nach dem Meister benannte "Pilgramsche Orgelfuß" hat die Form eines Balkons, schwebend im Raum wie ein Orgelton.
Zahnweh - Herrgott (Originalfigur)
In der Turmhalle, vis-a-vis von der Barbarakapelle, steht das Original, die Halbfigur des Zahnweh - Herrgotts, der man nachsagte, daß sie Zahnschmerzen nehmen könne (siehe Sage: Der Zahnweh - Herrgott).
Abgang zur Unterkirche - Katakomben
In diesem Teil der Turmhalle befindet sich auch der Abgang in die Unterkirche und zu den Katakomben. Zunächst betritt man die Unterkirche, die unter dem Querschiff liegt, die 1957 von Dombaumeister Dipl. Ing. Kurt Stögerer als Gottesdienstraum adaptiert wurde.
Die Räume unter den Chorschiffen und dem Querschiff wurden in den letzten Jahrzehnten neu gestaltet. Unter dem Apostelchor wurde die Bischofsgruft ausgebaut. Anlaß war die Neupflasterung des Chores im Jahre 1951, wobei die im Frauenchor bestatteten Wiener Oberhirten erhoben und in neue Kupfersärge gelegt wurden. Den Steinaltar und das Steinrelief für den Altar der Bischofsgruft (Krypta) schuf der Osttiroler Bildhauer Josef Troyer.
Die alte Fürstengruft der Habsburger wurde unter dem Albertinischen Chor angelegt. Der Gruftraum stand ursprünglich mit keinem der übrigen unterirdischen Räume in Verbindung und war nur vom Mittelchor aus über eine Stiege erreichbar, die mit einem Gruftstein überdeckt war. Die Gruft war so angelegt, daß der Hauptaltar der Kirche genau über ihr stand. Nach dem Tode Herzog Rudolf IV., des Stifters, im Jahre 1365 wurden einige Zeit Habsburger Herzöge beigesetzt. Der letzte war der 1462 gestorbene Herzog Albrecht VI., dann setzten die Bestattungen aus.
Nachdem man noch drei früh verstorbene Kinder Kaiser Maximilian II. 1552, 1564 und 1566 in der Stephanskirche bestattet hatte, wurde die Gruft nicht mehr geöffnet und geriet in Vergessenheit.
Kaiserin Maria Theresia, die sich sehr für ihre Ahnen interessierte, ließ die Gruftanlage renovieren und vergrößern.
Außer den Särgen birgt die Herzogsgruft noch 56 Urnen mit den Intestinen (Intestinen = Eingeweide) der Habsburger. Im 17. Jahrhundert war es Sitte geworden, die Leiber der Habsburger in der Kapuzinergruft, ihre Herzen aber in dem sogenannten "Herzgrüftl" in der Lorettokapelle in der Augustinerkapelle und die bei den Einbalsamierungen entfernten Eingeweide in der Fürstengruft bei St. Stephan in kupfernen Töpfen zu deponieren. Die zuletzt deponierte Urne enthält die Eingeweide des 1878 gestorbenen Erzherzogs Franz Carl, des Vaters Kaiser Franz Josephs. 1956 wurde die Herzogsgruft gründlich renoviert. Die Urnen wurden in neuen Wandnischen hinter Gittern aufgestellt. Der Sarg Rudolf IV. und der seiner Gattin Katharina wurden in die Mitte des Raumes gerückt.
Unter dem Mittelschiff, in der Verbindung von Herzogsgruft und Unterkirche, wurde ein Lapidarium (Lapidarium = Sammlung von Steindenkmälern) eingerichtet (kostbare Bauplastik, alte Wasserspeier, Teile des zerstörten Türkendenkmales, mittelalterliches Bauwerkzeug zum Aufziehen der Steine). Zuletzt wurde der Raum unter dem Frauenchor als Domherrngruft umgestaltet.
Die Katakomben - sie dienten ursprünglich nicht zur Bestattung der Toten - haben kein Heiligen- oder Märtyrergrab zum Mittelpunkt. Als der Friedhof aufgelassen wurde, mußte man sich um neue Begräbnisstätten kümmern. Außerhalb der Kirche, unter dem Stephansplatz (nordöstlich und östlich des Chores), erstrecken sich die neuen Räume. Ein Zugang von außen wurde geschaffen. Die Grüfte von St. Stephan waren ein großes Massengrab im Schutz des Gotteshauses. Die Särge wurden in schmucklosen Grabkammern aufgeschichtet, die man vermauerte, wenn sie gefüllt waren. Nur in einer Gruft unter dem Deutschen Haus und in der Halle unter dem Querschiff stellte man Nischen für Wandgräber fest. Adalbert Stifter hat einmal die Katakomben besucht und den schaurigen Eindruck beschrieben, den damals das unterirdische Totenreich machte.
Die Barbarakapelle
Vor 1690 wurde dieser östliche Anbau im Nordturm Urbanuskapelle genannt. Das Urbanus - Patrozinium (Patrozinium = Schutzherrschaft eines Heiligen über eine Kirche) erklärt sich aus den Bemühungen, Wien zum Bistum ( Bistum = Bischofssitz) zu erheben, was 1469 auch gelang.
1854/55 wurde ein Marienaltar - zum Dank für die glückliche Lebensrettung Kaiser Franz Josefs nach dem Attentat am 18. Feb. 1853 - an Heinrich Ferstel (Entwurf) Franz Schönthaler und Josef Gasser (Bildhauerarbeiten) in Auftrag gegeben. Dieser Altar wurde 1945 zerstört.
Seit 1983 dient dieser Raum als Meditationskapelle. Dort befindet sich ein spätgotisches Kruzifix (um 1470), das aus der Pfarrkirche Schönkirchen (Niederösterreich) stammt. In den Kreuzbalken wurde ein Aschenreliquiar aus dem Konzentrationslager Auschwitz eingesetzt. Dieses Reliquiar wurde von Kardinal Macharsky von Krakau anläßlich des Papstbesuches Johannes Paul II. im September 1983 überreicht.
Die Barbarakapelle ist im Grundriß ein Achteck, wobei der Chorraum im Vergleich zur Katharinenkapelle als "Chörlein" bezeichnet werden kann. Zwei hängende Schlußsteine, mit Reichsadler und Bindenschild (Bindenschild = Wappen mit den Reichsfarben) geschmückt, deuten auf die nahe Beziehung zur Katharinenkapelle hin.
Kenotaph Rudolf IV.
Links vor dem Wiener Neustädter Altar steht ( derzeit noch ) ein Kenotaph (ein Grabmonument für einen anderwärts bestatteten Verstorbenen), der ursprünglich inmitten des Albertinischen Chores in unmittelbarer Nähe des Abganges zu der vor dem Hochaltar gelegenen unterirdischen (noch existierenden) Herzogsgruft seinen Platz hatte. Der Kenotaph ist eine freistehende Tumba (Tumba = sarkophagartiger Überbau eines Grabes mit Grabplatte), in dessen Nischen ursprünglich Kleriker und Vertreter der Universität das Trauergebet abhaltend dargestellt waren. Die Klagefiguren sind schon vor langer Zeit zerstört worden. Auf dem Tumbadeckel selbst liegen lose nebeneinander die Figuren eines noch sehr jugendlich aussehenden Herzogspaares, mit Löwen als Postament zu ihren Füßen. Bei den Darstellungen handelt es sich um Herzog Rudolf IV. und Katharina von Böhmen, die Tochter Kaiser Karl IV.
Am Sockel des Monuments - die Begräbnisstätte ist in der Gruft - waren ehemals Statuetten eingefügt, die vermutlich die Stiftungen des Kollegiatskapitels und der Wiener Universität symbolisierten. Der Herzog hat das Monument selbst errichten lassen, vermutlich kurz vor 1365, ehe er mit 26 Jahren starb; seine Gemahlin überlebte ihn um 30 Jahre. In den Zuwendungen der Figuren dieses Herzogpaares kommt ein profaner Bildgedanke, wie er später, vor allem im 15. Jahrhundert, in den traditionellen Verlobungsbildern ausgeprägt ist, bereits andeutungsweise zur Geltung.
Adresse & Kontakt
Stephansplatz 3 in 1010 Wien
Öffentliche Verkehrsmittel:
U1 oder U3 bis zur Station Stephansplatz
Busse 1A, 2A, 3A (Stephansplatz/Brandstätte)
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Karl-Otto Grundmann
29. November 2013 - 17:36 Uhr
Sehr geehrter Herr Freywäre es möglich Ihren ausgezeichneten Text durch das Einfügen von einem oder mehreren Fotos pro Kapitel visuell noch aufzuwerten? Man kann so virtuell den Besuch besser nachvollziehen und seine eigenen Fotos besser zuordnen und beschreiben. schöne Grüße aus Dornbirn