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Paul Rotterdam im Leopold Museum: 15. Juni - 1. Oktober 2007
Die Kunst der Linie – Zeichnungen
Das Leopold Museum widmet dem 1939 in Wiener Neustadt geborenen und nun in New York lebenden Maler eine Retrospektive seines zeichnerischen Werks. Es werden die meist klein- bis mittelformatigen Arbeiten der sechziger Jahre mit dem ihnen typischem abstraktem und expressionistischem Gestus gezeigt, wie die mittelformatigen Werke der siebziger bis mitte der achtziger Jahre, die mit ihrem streng geometrisierend und meditativem Charakter auf ihren Entstehungsort New York verweisen, als auch die meist grossformatigen Blätter seit der Mitte der achtziger Jahre, die eine Hinwendung zum Thema Natur in organischerer Formensprache ausdrücken. Letztere sind Werke, die wohl besondere Beachtung verdienen, in welchen der Künstler sein sensibles Konzept von Wirklichkeit, Geistigkeit und Kunst einfängt und wiedergibt.
Nach einem abgeschlossenen Studium der Philosophie verlässt Paul Rotterdam Ende der sechziger Jahre Österreich und wählt das künstlerische Ambiente von New York um sich dort intensiv mit den entscheidenden Theoretikern der modernen Kunst auseinanderzusetzen. Er gilt als österreichischer Vertreter der New York School, die den Prozess der Abstraktion schliesslich zu einem Endpunkt führt. Die expressiven Momente des Frühwerks, gekennzeichnet durch starken Duktus, weichen einer meditativeren Phase, die von einer genuinen Rezeption mit neo-geometrischer Formenwelt geprägt ist. In Paul Rotterdams Beschäftigung mit der Form des Rechtecks, des Kreuzes, der Fläche selbst als Spannungsfeld werden formale Kriterien mit theoretischem und philosophischem Gedankengut verwoben, sodass Paul Rotterdams Werk neben ästhetischen Qualitäten auch religiös ethische Bedeutungsebenen gewinnt.
Auch die Faszination der afrikanischen Kunst in ihrer elementaren Kraft übt einen entscheidenden Einfluss auf Denken und Werk des Künstlers aus und verleiht seinem Werk bis heute mitunter archaische Charakteristik. Seinem Wunsch, wie auch dem des künstlerischen Direktors des Leopoldmuseums, Prof. Leopold selbst, entspricht auch die Präsentation von fünf afrikanischen Masken im Zusammenhang mit der aktuellen Ausstellung. Die Auseinandersetzung mit der reduzierten Bildhaftigkeit der afrikanischen Kunst und der ihr inhärenten Nauturverbundenheit, das heisst in ihrer prinzipiellen Ursprünglichkeit, geht mit der intellektuellen Rezeption fernöstlicher Religionen einher und fliesst als eine übergreifende ethische Geisteshaltung in Paul Rotterdams letzte Schaffensphase ein. In den späten achtziger Jahren zieht sich der Künstler nach North Blenheim, 300 km nördlich von New York, in die Einschicht zurück. Die Hinwendung zur Natur, die das grosse Thema der letzten Jahre ist, bietet die Grundlage für das entscheidende Anliegen Paul Rotterdams, über das Medium der Kunst das Wesen der Dinge zu schauen. Diese Suche des Künstlers nach dem Universalen findet weitere Ausgangspunkte in den Theorien der klassischen Moderne, wie sie Kandinsky in der Formlosigkeit, Mondrian in der Formstrenge postuliert. Intellektuelles Gedankengut und unmittelbare Anschauung, Wahrnehmung und Erfahrung der Wirklichkeit, werden verarbeitet und resultieren in Paul Rotterdams späterem Werk in einem Erscheinungsbild von labilem Gleichgewicht zwischen Emotion und Rationalität. Das Dargestellte ist zugleich Struktur und Verdichtung, Linie und Fläche wirken in wechselseitiger Beziehung aufeinander ein. Aus dem Bildinneren scheint eine neue Gegenständlichkeit von metaphysischer Realität hervorzubrechen. Bilder und Zeichnungen von Landschaften, Bäumen und Pflanzen evozieren beim Betrachter eine eigenartige poetische Befindlichkeit.
Die Bezeichnung als letzter grosser Romantiker der österreichischen Kunst wird dem Maler kaum gerecht. Weit wesentlicher umfasst der Direktor des Arkansas Arts Center, Tonwsend Wolfe, die Kunst Paul Rotterdams, dessen Worte auch Anregung zum Besuch der Ausstellung seiner Zeichnungen im Leopoldmuseum sein mögen: „In den frühen 1980er Jahren machte ich meine ersten Erfahrungen mit den Zeichnungen Paul Rotterdams. Ich habe sie mehr erfahren als gesehen. Das Werk nahm mich mit seiner Präsenz total gefangen. Nichts davon drang in meine Gedanken ein, weder das Bildmotiv noch die Komposition, die Theorie, die Geschichte oder ihr Schöpfer. Ich verspürte keinen Zwang, das Gesehene zu analysieren; ich war gefangengenommen von der bezwingenden mystischen Atmosphäre aus Bewegung, Klang, Dunkelheit und Licht, die ich vor mir sah.“
Autor: Margareta Sandhofer
Weitere Informationen finden Sie unter www.leopoldmuseum.at.
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