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Die Geschichte des Telefons in Österreich
1881 – 1927: Das Telefon – die Innovation des Jahrhunderts
In den Anfangszeiten der Telefonie wurden die Gespräche händisch vermittelt. Dabei musste das Fräulein vom Amt die Anrufer durch das richtige Stecken von Metallstöpseln mit den jeweils gewünschten Partnern verbinden. Die Vermittlungsdamen wurden damals als „Telephon-Gehülfinnen“ bezeichnet – die umgangssprachliche Bezeichnung „Fräulein vom Amt“ wurde aus Deutschland übernommen, wo sich die freundlichen Damen mit „Hier Amt, was beliebt?“ meldeten. Sie wurden männlichen Vermittlungskräften vorgezogen, da man der Meinung war, dass sie wegen ihrer höheren Stimmlage besser zu verstehen wären. Zusätzlich „übten sie größere Geduld und Höflichkeit und die Teilnehmer seien rücksichtsvoller gegen sie“. Bei Nachtdiensten hatte man allerdings Ende des 19. Jahrhunderts Vorbehalte, da „es zu beachtlichen Unziemlichkeiten führen würde, wenn im Nachtdienst eine Gehülfin mit einem technischen Assistenten, die nach Charaktereigenschaften nicht ausgesucht werden können, nebeneinander sich selbst überlassen blieben“.
Im Juni des Jahres 1881 erteilte das k.k. Handelsministerium der „Wiener Privat-Telegraphen-Gesellschaft“ eine „Concession“ zum Betrieb von Telefonanlagen. Zwar erscheint die Netzabdeckung aus heutiger Sicht wenig beeindruckend, die Telefonanlagen durften lediglich in einem Umkreis von 15 Kilometern rund um den Wiener „Stephansthurm“ betrieben werden. Schon drei Monate später wurde der Betrieb der Telefonanlagen auf ganz Wien ausgeweitet, im Dezember 1881 konnte in der Wiener Friedrichstraße die erste Telefonzentrale Österreichs eröffnet werden. Mit 154 Teilnehmern, darunter Zeitungen, Großunternehmer und Banken, wurde der Netzbetrieb gestartet.
Das erste Telefon der Welt
Die Geschichte des Telefons selbst beginnt allerdings schon 20 Jahre vor den Ereignissen in Österreich. Der deutsche Physiker Phillip Reis führte 1861 das erste funktionsfähige Gerät zur Ton-Übertragung auf elektrischem Weg vor und prägte auch den Begriff „Telephon“. Der Apparat eignete sich vor allem zur Übertragung von Musik. Sprache ließ sich ebenfalls wiedergeben, blieb aber noch schwer verständlich. „Das Pferd frisst keinen Gurkensalat.“
Der Legende nach begann der Siegeszug des Telefons mit Sätzen ohne Sinn. Bei einer Demonstration seiner Erfindung ließ sich Reis Textpassagen eines Buches über das Telefon vorlesen und wiederholte diese vor seinem Publikum. Ein skeptischer Beobachter argwöhnte jedoch, dass Reis das Buch möglicherweise auswendig gelernt. Um einen Schwindel auszuschließen, ließ er es sich nicht nehmen, die Sätze „Die Sonne ist von Kupfer“ oder „Das Pferd frisst keinen Gurkensalat“ selbst in das Telefon zu sprechen. Reis verstand zwar nicht genau, was das Pferd frisst, und dachte, die Sonne sei aus Zucker, aber das Publikum war dennoch überzeugt.
Das erste Ferngespräch der Welt
Im Jahr 1867 entwickelte Alexander Graham Bell eine Versuchsanordnung, bei der Schallwellen der menschlichen Sprache eine Membran vibrieren ließen. Dadurch entstanden in einer Drahtspule Stromschwankungen, die nach der Übertragung auf ein gleichartiges Gerät wieder Töne hervorbrachten. Bell erhielt für seine Erfindung die Patentnummer 174.465 und war damit nur um zwei Stunden schneller als der Amerikaner Elisha Gray. Damals konnte noch niemand ahnen, dass die Erfindung zu einem der einträglichsten Patente aller Zeiten werden sollte.
Im Jahr 1876 wurde über den „Bellschen Sprachtelegraphen“ schließlich zwischen Boston und Cambridge das erste Ferngespräch der Welt geführt. Schon in den Anfangszeiten der Telefonie konnte auf Werbung nicht verzichtet werden, in Inseraten im „Neuen Wiener Tagblatt“ wurde um Teilnehmer geworben. Aus heutiger Sicht unvorstellbar, musste in erster Linie Aufklärung in Sachen Telefon betrieben werden: „Das Telephon ist ein Apparat, der dem Besitzer desselben die Möglichkeit bietet, auf große Entfernungen mit anderen Personen, die den gleichen Apparat besitzen, so zu sprechen, daß die Betreffenden sich nicht nur vollkommen gut verstehen, sondern einander auch an der Stimme erkennen.“
Entwicklung in Österreich
Ein Jahr nach dem Start des Netzbetriebes in Österreich gab es bereits 1.000 Teilnehmer. Für all jene, die über keinen Anschluss verfügten, wurde im April 1882 in der Wiener Börse die erste „öffentliche Sprechstelle“ eröffnet. Für die Benutzung dieser Sprechstelle war eine festgelegte Gebühr zu entrichten – konkret musste eine „Sprechkarte“ erworben werden. Die Gebühren für die Benützung öffentlicher Sprechstellen betrugen für eine Gesprächsdauer von fünf Minuten im lokalen Wiener sowie auch in sonstigen lokalen Netzen 20 Kreuzer.
Unterdessen wurde der Netzaufbau zügig fortgesetzt: Bis 1883 waren die Städte Graz, Prag, Triest, Lemberg, Czernowitz und Pilsen angeschlossen. Mit der Telefonverbindung Wien – Brünn wurden erstmals Gespräche zwischen zwei österreichischen Städten möglich. Für Gespräche von Stadt zu Stadt wurden besondere Gebühren eingehoben: So kostete ein gewöhnliches Gespräch mit einer Gesprächsdauer von fünf Minuten von Wien nach Prag ab 18. September 1889 1 Gulden, für ein „dringendes“ Gespräch mussten 3 Gulden bezahlt werden.
Im Eigentum der Monarchie
Im Jahr 1887 erließ das k.k. Handelsministerium die erste österreichische Telefonverordnung, auch die Zuständigkeit für das Telefon wurde der k.k. Post- und Telegraphenverwaltung zugeschrieben. Seit 1887 wurden keine neuen Privatkonzessionen mehr erteilt, von den Betreibern der elf bestehenden privaten Netze wurden die Konzessionen zurückgekauft. Daher befand sich ab 1895 das gesamte österreichische Telefonnetz im Eigentum
der Monarchie.
Das Telefon Seiner Majestät
Erst 1898 wurde die Hofburg an das Telefonnetz angeschlossen. Der „Telephon-Apparat“ Seiner Majestät soll jedoch nicht mehr als eine Dekoration für den kaiserlichen Schreibtisch gewesen sein, der Legende nach wurde er nämlich niemals benutzt.
Selber wählen
Im Jahre 1910 kamen schließlich die ersten Telefone, die mit einer Wählscheibe und einem
Hörer ausgestattet waren, auf den Markt. Zugleich bereitete die Post- und Telegraphenverwaltung mit der Umstellung der Verbindungen innerhalb eines Ortes vom handvermittelten Dienst auf Selbstwählverkehr eine kleine Revolution vor. Nun konnten die Teilnehmer erstmals ihre Gesprächspartner innerhalb eines Ortes direkt und ohne Vermittlungshilfe erreichen. Dennoch mussten die Fräuleins vom Amt nicht um ihren Job fürchten: Telefonate über die eigene Ortsgrenze hinaus wurden noch immer handvermittelt hergestellt. Schon in den Anfangsjahren der Telefonie gab es Verbindungen in die österreichischen Kronländer. Allerdings wurden diese Leitungen bis etwa 1920 ausnahmslos über Freileitungstrassen geführt.
Durch Stürme, Eislasten im Winter oder umgestürzte Bäume kam es naturgemäß häufig zu Störungen. Zwar konnte man schon viel früher Kabel unterirdisch verlegen, allerdings hatte man im Fernverkehr das Problem, dass man auf längeren Kabelstrecken den Gesprächspartner nur schwer verstehen konnte. Erst durch Erfindung der sogenannten Pupin-Spule und der Liebschen Verstärkerröhre des Österreichers Herbert von Lieben konnte dieses Problem gelöst werden. Das erste unterirdische Kabel dieser Art ging in Österreich 1921 auf der Strecke Wien–St.Pölten–Linz– Nürnberg in Betrieb, weitere Fernkabel führten bald von Wien nach Budapest, von Linz über Innsbruck in die Schweiz oder von Innsbruck nach München.
Einzigartig in Österreich: Das „Vierteltelefon“
In den folgenden Jahren „explodierte“ die Anzahl der Anschlüsse. Waren es 1891 noch 440, konnten 1895 schon 19.000 Anschlüsse gezählt werden. Dennoch war die Teilnahme am Telefondienst noch lange nichts Alltägliches, nicht zuletzt die relativ teure „Abonnementgebühr“ verhinderte die weitere Verbreitung. Aus diesem Grund wurde das sogenannte „Gesellschaftsanschluss-System“ erfunden. 1905 wurden in der Zentrale in Meidling die ersten Gesellschaftsleitungen für zwei oder vier Teilnehmer eingerichtet.
Mit dem „Vierteltelefon“ nutzten die Teilnehmer gemeinsam dieselbe Leitung. Zunächst wurden 40 solcher Gesellschaftsleitungen zum Testen aufgebaut, bald jedoch war das sogenannte „Ortsbatterie-Gesellschaftssystem“ in ganz Wien im Einsatz. Dadurch konnte etwa 18.000 Teilnehmern, die nur selten zum Hörer griffen, ein günstiger Anschluss geboten werden.
Text: Telekom Austria
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10. Juli 2024 - 12:05 Uhr
Wer hat das telefon erstellt
Alle Kommentare anzeigen
Lucas
14. Juli 2020 - 12:19 Uhr
536/5000Am 14. Mai 1891, um 16:10 Uhr, erhielt die Wiener Freiwilligen Rettungs-Gesellschaft einen Anruf vom Sühnhaus, Maria Theresien-Straße 8:"4h10 'Meldeten Cars [?] Und] Jellinek (I. Maria-Theresienstr. 8) telefonisch, dass dort sei einer von 3. Stockwerken herabgestürzt."Sie schrieben:"In den folgenden Jahren" explodiert "die Anzahl der Anschlüsse. Waren es 1891 noch 440, gehören 1895 schon 19.000 Angehende gezählt werden."Ist es möglich herauszufinden, wer diesen Anruf getätigt hat? Gibt es eine Liste der Namen von Personen, die verbunden waren?Lucas BruijnNiederlanden
Redaktion
09. Mai 2019 - 10:20 Uhr
S.g. Herr Aichberger,wir haben uns für Sie auf die Suche gemacht, leider ohne Erfolg. In den Datenbanken der Buchhandlungen lässt sich leider keine Publikation diesbezüglich finden. Einen Tipp haben wir jedoch für Sie, wo Sie noch fündig werden könnten, nämlich im Archiv des Technischen Museums in Wien. Der Kontakt geht über den Shop unter [email protected] Gute und die besten Geburtstagswünsche an Ihren StiefvaterMit besten Grüßen aus der Redaktion
Wolfgang
08. Mai 2019 - 17:52 Uhr
Hallo, super Geschichte, hätte da nur eine Frage, gibt es da vielleicht auch etwas in Buchform zu kaufen??? Mein Stiefvater hat bald Geburtstag und er war selber Führer eines Bautrupps aber hat leider eine Abneigung gegenüber Computern und einem alten Hund lernst nix neues mehr ;) wäre um eine Auskunft sehr dankbar, LG Wolfgang
Georg
01. Jänner 2017 - 20:14 Uhr
Besten Dank fuer den ausausgesprochen interessanten und zugleich informativen Text.Waere es moeglich Abbildungen von alten oeffentlichen Telephon-Muenzapparaten anzubringen?Georg Chaftas
Christian Passet
31. Jänner 2010 - 01:33 Uhr
"Vor 12 Jahren, als die Geschichte der Telefoniein Österreich begann, war das Telefon jedoch eine sensationelle Innovation."Also, dass die Telekom ab und an mal etwas hinten nach ist, kann ich mir ja vorstellen. Jedoch zeichnet dieser Satz ein Bild von Österreich, dass man so nicht stehen lassen kann...