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BP-Wahl Perpetuum mobile: Meinungen der Bürger

Parlamentsgebäude Wien
© wikimedia | Wer wird denn nun Bundespräsident von Österreich?

Klappe, die Vierte: Obwohl sich die Geisteshaltung der Österreicher bekannterweise auf den Grundsäulen “Schau ma mal.”, “Wird schon passen.” und “Is ma wuascht.” ausruht, wird in der Causa Bundespräsidentenwahl 2016 die Suppe genauso heiß gegessen, wie sie gekocht wird. Nach Wahlrunde 1, 2 und auch dem missglückten 3. Versuch Österreichs Staatsoberhaupt zu wählen, heißt es nun nicht am 02. Oktober 2016, sondern voraussichtlich erst in der Adventszeit und irgendwie schon zum vierten Mal: “Schau ma mal.”

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Immer wieder Sonntags - ein Wahlkrimi in vier Akten

Das kleine Schnitzelland Österreich ist weltweit für eine überschaubare Zahl an Merkmalen bekannt. Sound of Music, Sissi, Berge, Arnold Schwarzenegger, Franz - die Briefbombe - Fuchs, Hitler, Kellerkind Kampusch, na und weitere äußerst bedauerliche und eher zum Schämen animierende Fakten.

Der Fokus der Aufmerksamkeit richtet sich zumeist; vor allem dann auf unser Kuhdorf, wenn es um das Kreuz mit der Politik geht. Nachdem das Land doch maßgeblich tief in #1 und #2 der Weltkriege verstrickt war, glänzt es seither immer wieder in Verbindung mit rechtspopulistischen Kasperln, die leider nicht zum Scherzen aufgelegt sind.

Irgendwo zwischen Wiedereinführung der Todesstrafe in der Türkei und der sozialdemokratischen Hoffnung CK-cool-J (Bundeskanzler der sozialdemokratischen Träume Christian Kern), lauert dieser Tage ein von manchen als solcher bezeichneter hinkender Wolf im Schafspelz (NLP-Profi Bundespräsidentenkandidat Norbert Hofer) und droht damit, Österreichs neuer Führer, Pardon, Präsident zu werden.

Die Qual der Wahl: 1, 2 oder 3?

Nachdem sich das Volk durch mehrere TV-Formate rund um die sechs teils absurden BundespräsidentenkandidatInnen schämen musste, wurde sich am 24. April 2016 auf zwei Spitzenkonkurrenten geeinigt: Das estnische Einwandererkind Alexander Van der Bellen versus Burschenschafter der Marko-Germania zu Pinkafeld Ing. Norbert Hofer standen zur Stichwahl. Soweit so gut.

Am 22. Mai 2016 wurde die Lage vorerst richtig ernst, denn an diesem Wahlsonntag konnte man jedem Kleinkind anhand eines praktischen Beispiels erklären, was ein Kopf-an-Kopf Rennen ist. 50 % der ÖsterreicherInnen sahen in Van der Bellen einen potenten Landesvater, 50 % wollten endlich ein Ausländer-freies Land und träumten vom Öxit, der nur mit Präsident Hofer zum Greifen nah schien. Aus dem Wahlsonntag wurde somit zu einem verlängerten Wahlwochenende und die 885.437 Briefwähler rückten ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Ein regelrechter Wahlkrimi entstand aus der Österreichischen Bundespräsidentenwahl, die Spannung in der Luft hätte ganz Österreich mit Energie versorgen können.

Zumindest eines einte das geteilte Land zu diesem Zeitpunkt: Über 24 Stunden voll kollektiver Angst und Bange, Zuversicht und der Hoffnung vom Sieg von Gut über Böse.

Dank 30.864 konnte man am Montagabend endlich einen Bundespräsidenten nennen: Der ehemaligen Grünen-Chef Alexander Van der Bellen hatte sich arschknapp gegen den blaubraunen Hofer durchgesetzt.

Zu früh gefreut - oder gehetzt

Womit die FPÖ bereits seit Jahren gedroht hatte, wollte die Partei einfach mal ausprobieren und fechtete das den Pfusch des Wahlergebnisses an. Daraufhin haben 14 VerfassungsrichterInnen das Wahlergebnis, nach “ganz genauer” Prüfung der “Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung von Stimmzetteln”, mit vielen “könnte”, “nicht tatsächlich”, “möglich” - Begründungen am 1. Juli 2016 als ungültig erklärt und somit ganz Österreich im Herbst zur Nachprüfung gebeten.

Angesichts einer neuerlichen Gegenüberstellung von Gut und Böse wird das Land nach dem rührenden Bye Bye von unserem Heinzi Fischer, nun von den drei Nationalratspräsidenten “behütet”. Eines der drei Musketiere, Bundespräsidentschaftskandidat und dritter NationalratsPRÄSIDENT Norbert Hofer, darf also schon mal üben. Dazu gehört auch, dass er sich auf seinen undatierten Wahlplakaten wie selbstverständlich schon mal als Bundespräsident betitelt.

Was für ein Wahljahr!
oder
Lang klebe Blödsterreich!

Unser Österreich scheint irgendwie in einer Wahlschleife gefangen zu sein, denn die Wahlwiederholung am 2. Oktober wurde durch einen Bundespräsidentenstichwahlwiederholungsverschiebungstermin (genau so lange fühlt sich dieser Wahlkampf auch an) ersetzt.

Innenminister Wolfgang Sobotka erklärte als oberster Leiter der Wahlbehörde, dass es bei den Briefwahl-Umschlägen der dritten Wahl zu „technischen Unzulänglichkeiten“ kam und sich die Kuverts aus noch ungeklärten Gründen an der (ausländischen) Klebstoffspur öffnen und somit keine Gültigkeit der korrekt abgegebenen Stimmen garantieren lässt. - Eine peinliche demokratische Watsche.

Jetzt hindert uns sogar schon der deutsche Kleber an der Ausübung unserer hart erkämpften Demokratie. Empörung hin oder her, der neuen Wahltermin wird für den 04.12.2016 versprochen und es werden wieder die alten Briefwahlkuverts (ohne Klebestreifen, die bis 2008 verwendet wurden) zum Einsatz kommen.

Nun stellen sich einige Fragen, die sich zuvor noch nie gestellt haben ...

  • Sind alle Wahlen, die seit 2008 mit dem corpus delicti “Pseudo-Klebstoff-Briefwahlkuvert” mitentschieden wurden (man wagt es ja kaum, diesen Gedanken zu denken) irgendwie a bisserl illegal gewesen?
  • Wie viele Menschen werden gefeuert, weil ein Kleber es nicht geschafft hat, Papier zusammenzukleben ?
  • Ist Österreich eine Bananenrepublik?
  • Wenn nicht, was dann?
  • Sollten wir mal bei Heinz Fischer anläuten und ihn fragen, ob ihm nicht doch ein wenig langweilig ist und er sich nicht doch was in seiner Pension dazuverdienen will?
  • Spräche etwas dagegen, zur Sicherheit gleich im Vorhinein einen Ersatztermin für Wahlen parat zu haben?
  • Sollte jemand eine sichere Wahl-App programmieren, mit der garantiert jedes Kreuzerl zählt?
  • Wie viele Monate Bundespräsidenten-Gehalt verblasen wir eigentlich gerade für diese never ending story?
  • Wie viele Wahlwiederholungen verkraftet eine “Demokratie”?
  • Gibt es ein Verfallsdatum für Bundespräsidentschaftskandidaten?
  • Wird der Nikolo oder der Krampus die Wahl beeinflussen?
  • Werden tausende Österreicher am 04.12. vom Perchten- bzw. Krampuslauf zu erschlagen sein, um wählen zu gehen?
  • Ist das System wirklich zu dumm, um aus dem Bus zu winken?
  • Sterben Hofer Wähler aus und wachsen Van der Bellen Wähler nach?
  • Oder umgekehrt?
  • Wird man in den neu gedruckten Geschichtsbüchern von der längsten demokratischen Wahl Europas lesen können?
  • Wird die #bpw16 als Fallbeispiel im Jurastudium erzählt, abgeprüft werden und somit erfolgsentscheidend für zukünftige VerfassungsrichterInnen sein ?
  • Bringt die mediale Aufmerksamkeit mehr Touristen?
  • Welcher Ort dieser Welt hat noch nichts von unserem Wahl Dilemma mitbekommen?
  • Wäre dieser Ort ein guter, um auszuwandern, falls der falsche Kandidat doch irgendwann gewinnt?

Es wäre ja fast witzig, wenn es nicht so traurig wäre.

Natürlich ist das jetzt alles etwas ärgerlich für die FPÖ. Der Hundewelpe Jessy, den sich Hofer im Sommer keinesfalls aus wahlstrategischen Absichten medienwirksam angeschafft hat, wächst und mindert dadurch seinen absoluten sweetness-Effekt, die vom bisherigen Wahlkampf heiß gemachten Hunde, ähm Hofer-Wähler, freuen sich dann auch eher auf Schokonikolo und Punsch, als dass sie sich gegen ein bisschen mehr Leute im Land heiser schreien, der Winter kommt naturgemäß ohne Flüchtlingswelle und die alten Nazis sterben nach der Reihe aus dem Wahlregister. Keine Frage, dass sich alle Klubobleute der Parteien bis auf die FPÖ für eine neue Wählerevidenz ausgesprochen haben. Erst dramatisch die Wahl anfechten und dann Verschwörungstheorien aufstellen, wenn der Wahlwiederholungstermin verschoben werden muss.

"Die FPÖ ist so der Typ, der einem ins Wohnzimmer scheißt und dann wegen Geruchsbelästigung anzeigt.” - Meine persönliche Twitter-Perle.

Arg. Ärger. Ärgerer. Viel zu arg.

Sehr spannend ist, wie schnell plötzlich Gesetze geändert und neu beschlossen werden sollen oder können. Lösungen und neue Gesetze können offenbar ganz easy aus dem Boden gestampft werden, wenn der Bedarf da ist. Würde der Nationalrat auch in anderen, weitaus wichtigeren Angelegenheiten genauso rasch arbeiten, gäbe es wohl einige Ärgernisse weniger.

Wie auch immer. Zumindest hegen wir doch irgendwo noch einen Funken Hoffnung, dass die Wahl ein gültiges Ergebnis findet, bevor beide Kandidaten in (Früh-) Pension gehen. Oder sich empfehlen. Oder bevor alle Wähler aus dem Wahlregister vom März 2016 irgendwann verstorben sind.

» Sollten vor den Wahlen Schattenkabinette präsentiert werden?

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