Im Gespräch
Dieser Artikel befindet sich derzeit im Archiv
Interview Dr. Gerald Bast, Univ. der angewandten
Stadt-Wien.at: Herr Bast, sie bekleiden nun bereits seit 10 Jahren, seit dem Jahr 2000 das Amt des Rektors der Universität für angewandte Kunst und wurden nun für weitere 5 Jahre bis 2015 wiedergewählt, was waren ihre bisher größten Erfolge in dieser Funktion?
G. Bast: Es war mir in meinen bisherigen 10 Jahren Wirken möglich eine klare Identifikation der „Angewandten“ - sowohl im Haus selber als auch nach außen hin - zu schaffen. Intern ist es gelungen die einzelnen Bereiche enger zusammenzuführen und das Konkurrenzdenken zwischen den einzelnen künstlerischen Sparten, die hier vertreten sind - Architektur, bildende Künste, Restaurierung, Medienkunst, Design, etc. – zu reduzieren wenn schon nicht gänzlich auszuschalten und das hatte auch den Effekt, dass diese Institution nun eine starke Präsenz nach außen hat. Diese Präsenz als führendes Institut drückt sich auch international aus. Viele Institutionen – von Frankreich bis China – zeigen Interesse an Kooperationen und gemeinsamen Projekten mit uns.
StadtWien.at: Man sagt ihnen nach, dass Sie sich für ihre Studenten und Studentinnen besonders engagieren. Wie drückt sich das aus?
G. Bast: Ich habe immer eine offene Türe. Für StudentInnen ebenso wie für die MitarbeiterInnen und wenn es mir im Rahmen meiner Funktion möglich ist Hilfe zu geben so mache ich das auch für alle, die hier - in welcher Funktion auch immer – tätig sind. Meine Grundphilosophie beim Leiten dieser Universität ist die Kommunikation an oberste Stelle zu setzen. Ich verwende mindestens drei Viertel meiner Zeit für die Kommunikation und Moderation.
StadtWien.at: Sie bekleiden neben der Funktion als Rektor der Universität für angewandte Kunst in Wien auch die Funktionen Sprecher der Rektoren der Österreichischen Kunstuniversitäten, stellvertretender Vorsitzender des Dachverbandes der Österreichischen Universitäten, Vizepräsident der Österr. Universitätskonferenz aber auch noch weitere Funktionen im internationalen Bereich.
G. Bast: Ich bin Vizepräsident der European League of Institutes of the Arts, einem Zusammenschluss von rund 300 Kunstuniversitäten auf der ganzen Welt. In dieser Funktion habe ich vor allem die Aufgabe die Interessen der Kunstuniversitäten in den Ländern – und speziell in Europa gegenüber der Europäischen Union – zu vertreten und sie zu festigen. Diese Funktionen die ich auch in anderen Gremien ausübe haben nicht nur Vorteile für die Angewandte, sondern vor allem für die Kunst an sich. Ich bin überzeugt davon, dass Kunst eine gesellschaftliche Wirkung haben soll und durch diese Funktionen ist es mir möglich dieses Potential das die Kunst hat möglichst umfassend auszuschöpfen.
StadtWien.at: Welche Ziele – insbesondere in den Bereichen Lehre und Forschung – haben Sie sich für ihre nächste Amtsperiode vorgenommen?
G. Bast: Ich habe zwei wichtige Ziele: Erstens in den Sparten in denen wir bereits jetzt erfolgreich sind; d.s. Architektur, bildende Künste, Restaurierung, Design, Kunsttheorie, Sprachkunst und – ganz wichtig für den Lehrbetrieb - auch die Lehramtsausbildung noch besser zu werden und international stärker hervorzutreten. Und das zweite Ziel, das mir ein persönliches Anliegen ist und das ich auch schon in den letzten zehn Jahren konsequent verfolgt habe ist es, die unterschiedlichen Kunstsparten stärker zusammenzuführen. So schaffen wir interdisziplinäre Studienangebote die unterschiedliche Kunstrichtungen aber auch Kunst und Wissenschaft stärker zusammenführt und durch die die spartenübergreifenden Angebote nicht nur künstlerisch-ästhetisch sondern auch gesellschaftlich neue Rahmenbedingungen zu schaffen. Ein Beispiel dafür wäre z.B. die Transformation der Lehramtsausbildung wo wir nicht einfach nur LehrerInnen ausbilden, sondern Menschen hinausschicken, die Kunst als gesellschaftliches Kommunikationsmedium verstehen und vom klassischen Kulturangebot bis in den sozialen Bereich hinein nutzen. Ein anderes ganz aktuelle Beispiel ist das Studium transdisziplinäre Kunst bei dem wir in ganz dezidierter Form ein interdisziplinäres projektorientiertes Studium das in dieser Form nicht nur für Österreich sondern weltweit eine Vorreiterrolle einnimmt. Ich bin davon überzeugt davon, dass der interdisziplinäre Aspekt an den Universitäten eine weitaus wichtigere Rolle als bisher spielen muss.
StadtWien.at: Die Konstellation Rektorat, Unirat und Senat scheint ja mancherorts Probleme zu bereiten. Wie sieht das auf der Angewandten aus?
G. Bast: Stimmt, diese Konstellation eines Dreigestirns ist eine auf der politischen Ebene entstandene Installation, die ein geschlossenes Auftreten eines Instituts gegenüber der Politik erschweren kann. Wenn die Zusammenarbeit dieser drei Gremien – so wie das bei uns der Fall ist – funktioniert, ist es aber ein durchaus erfolgreiches Instrumentarium. Auch wenn es viel Überzeugungsarbeit bedeutet um immer wieder solche Übereinkünfte zu treffen, mit denen man dann als Institut in sich geschlossen nach Außen agieren kann. Zuletzt haben wir diese Geschlossenheit bei unserem Projekt der baulichen Erweiterung am Kokoschkaplatz gezeigt.
StadtWien.at: Wenn sie die Erweiterung ansprechen: Befürchten sie die Zusammenlegung der Angewandten mit anderen Universitäten aus dem Bereich Kunst und Forschung?
G. Bast: Nein, diese Befürchtung hege ich nicht.
StadtWien.at: Ist es ein Fluch oder ein Segen wenn man als ehemaliger Mitarbeiter dieses Resorts mit dem Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung Budgetverhandlungen für die Angewandte führen muss?
G. Bast: Weder noch, obwohl man dann natürlich gewisse Mechanismen kennt und die Vorgänge besser einschätzen kann.
StadtWien.at: Welche Auswirkungen erwarten Sie von den kürzlich durch Ministerin Karl angekündigten Budgeteinsparungen, befürchten Sie zum Beispiel Streikmaßnahmen.
G. Bast: Leider sind die Einsparungen, die allen Ressorts im universitären und Bildungsbereich bis zum Jahre 2014 auferlegt bekamen ein genereller Beschluss der gesamten Bundesregierung, der nicht allein von Ministerin Karl ausging. Man versucht nun als Erfolg zu verkaufen, dass das Wissenschaftsbudget im Verhältnis zu anderen Resorts geringer gekürzt wurde. Das halte ich für eine absurd zynische Argumentation. Gerade jetzt in wirtschaftlich schwierigen Zeiten und Zeiten des gesellschaftlichen Umbruchs müsste massiv in Bildung und Forschung investiert werden, denn damit schafft man die Voraussetzungen um nicht nur wissenschaftlich sondern auch gesellschaftlich den enormen Herausforderungen die diese Zeitqualität mit sich bringt gewachsen zu sein und auch in Zukunft bewältigen zu können. Die Wien-Wahlen haben ja zuletzt genau gezeigt welcher Zusammenhang zwischen Bildungsniveau und rechtslastigem Wahlverhalten besteht. Es gibt nur ein Rezept um diesen Trend entgegenzusteuern und das heißt Bildung. Die Politik muss das jetzt nicht nur erkennen sondern auch umsetzen indem gerade jetzt besonders viel in den Bildungssektor investiert wird, sonst ist in fünf bis zehn Jahren mit weit massiveren Problemen als Streiks an den Universitäten zu rechnen.
StadtWien.at: Wie bereiten Sie sich jetzt auf das Szenario der Einsparungen vor, haben Sie einen Plan B?
G. Bast: Für massive Einsparungen an den Universitäten gibt es keinen Plan B, aber ich bin ein gnadenloser Optimist der nicht zur Kenntnis nehmen will, dass eines der reichsten Ländern der Erde mit einem unglaublichen Zukunftspotential dieses Potential zerstört und in Kauf nimmt in dreißig Jahren zu den Entwicklungsländern zu zählen. Genau das wird aber passieren, wenn nicht jetzt rasch in Bildung, Kultur, Kunst, Forschung und Entwicklung investiert wird. Man muss sich nur die internationale Entwicklung ansehen und merken wohin – sowohl regional als auch auf die Sektoren bezogen - die wirtschaftliche Produktivität wandert. Wenn man sieht was in Indien, Südkorea, China, Singapur oder auch hier in Europa in Finnland oder Dänemark passiert, ist das ein völlig klares Zeichen und ich vertraue in die Demokratie und darauf dass diese Zeichen von den Verantwortlichen in der Politik auch hierzulande erkannt werden.
StadtWien.at: Wenn Sie das Thema Wandern erwähnen – wie sieht es mit den ausländischen Studenten aus? Nehmen diese nach der Ausbildung hier ihr erworbenes Wissen wieder zurück in ihre Heimat oder wenden sie es in Österreich an.
G. Bast: Beides. Manche StudentInnen gehen nach der Ausbildung wieder in ihre Heimat, aber viele finden auch hier Arbeit, sei es an Bildungseinrichtungen oder in der Wirtschaft, z.B. als DesignerIn. Aber auch viele ÖsterreicherInnen wandern nach ihrer Ausbildung ins Ausland, z.B. nach New York oder Mailand zu eine der großen Designfirmen.
StadtWien.at: Und wie sieht die Chance aus in Österreich als UniversitätsabgängerIn der Angewandten einen Job zu bekommen?
G. Bast: Es gibt genügend Beispiele von AbgängerInnen der Angewandten, die in Österreich als DesignerIn, ArchitektIn oder KünstlerIn erfolgreich wurden, auch international. Hier wurde von der Stadt schon viel getan aber es gibt in der Richtung auch noch viel zu tun. Wien positioniert sich seit vielen Jahrzehnten als Kulturstadt mit deutlichem Touch in Richtung touristisch vermarktbare Repräsentationskultur und es wäre höchste Zeit noch mehr zu tun um ein Hot Spot für die international besten DenkerInnen und GestalterInnen zu werden. Ein Ort von dem weltweit beachtete neue Entwicklungen ausgehen. Um Wien dafür attraktiv zu machen muss man die entsprechenden Strukturen schaffen, z.B. durch die Etablierung eines Vienna International Design Centers. Es wäre toll, wenn es in Wien zur Verbindung von Kunst, Kultur, Wissenschaft und Technologie so etwas gäbe wie es für den naturwissenschaftlichen Bereich in Gugging (NÖ) gibt. Das sind Zukunftssektoren wo Kreativität, künstlerisches und wissenschaftliches Know How zusammengespannt werden könnte, ohne dass es dazu großer finanzieller Mittel bedarf. Man muss in diesen Bereichen einfach auch etwas wagen und ich bin zuversichtlich, dass die Zeiten „verminderter Intelligenz“, wie das Bürgermeister Häupl formuliert hat, bald ein Ende haben und dann wieder Wagnisse in die Zukunft eingegangen werden.
StadtWien.at: Wie stehen sie zur Kunstkritik, halten sie es für zulässig, dass Personen, die nicht selber Kunst schaffen Kunstkritik betreiben?
G. Bast: Ja, durchaus. Die Funktion der Kunstkritik ist es ja gerade Kunst über die Gruppe der KünstlerInnen hinaus zu vermitteln. Ich persönlich muss mich aber auch nicht der Kunstkritik stellen.
StadtWien.at: Welche Wünsche haben sie für die Zukunft?
G. Bast: Ich wünsche mir dass Wien die Hauptstadt eines Bildungsexpansionismus wird, wo alle verfügbaren Mittel in den maximalen Ausbau von Bildung auf allen Ebenen investiert werden, da ich das als einzige Chance sehe in der Zukunft nicht nur wirtschaftlich zu bestehen sondern auch das ständig wachsende Konfliktpotential in den Griff zu bekommen. Ich bin davon überzeugt, dass Bildung wirkt. Mein zweiter Wunsch wäre dass Wien das Zentrum zeitgenössischer Kunst und Design wird, wie ich bereits zuvor erwähnt habe. Ein Ort wo sich schöpferische Kräfte treffen und wo es Lust macht sich mit anderen Kreativen auszutauschen und über Zukunftsstrategien nachzudenken. So etwas wie das Forum Alpbach für den Kunst und Kultursektor in der Kulturmetropole Wien zu etablieren wäre eine feine Sache.
StadtWien.at: Welche Tipps würden sie den Studenten und Studentinnen der Angewandten geben?
G. Bast: Den Studierenden möchte ich mitgeben, sich von schwierigen Strukturen nicht entmutigen zu lassen und beim Studium nicht nur das Berufsbild das sie einmal ausüben werden vor Augen zu haben, sondern damit vor allem ihr Weltbild zu erweitern sowie sich ein möglichst breites Spektrum an Neugierde zu bewahren.
StadtWien.at: Wir danken für das Gespräch
Interview: Ralf Ehrgott
weitere interessante Beiträge
Hinterlassen Sie einen Kommentar!