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Mit ELGA tritt nun auch die persönliche Gesundheitsdatenverwaltung ins digitale Zeitalter ein.

Seit Dezember 2015 ist ELGA, die elektronische Gesundheitsakte in Betrieb und wird in Teilschritten kontinuierlich auf ganz Österreich ausgerollt. Das moderne Informationssystem ermöglicht Patienten erstmals zeit- und ortsunabhängig die eigenen Gesundheitsdaten einzusehen und vernetzt die behandelnden Ärzte und Gesundheitseinrichtungen. Dr. Susanne Herbek, Geschäftsführerin der ELGA GmbH erklärt uns im Gespräch, wie ELGA funktioniert, wer was damit machen kann und räumt mit der allgemein verbreiteten Angst um die zentrale Datenspeicherung auf.

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Was ist ELGA?

ELGA steht für ELektronische GesundheitsAkte und ist kurz gesagt das elektronische Zusammenführen und gebündelte Abrufen von extern gespeicherten Gesundheitsdaten einens Patienten. Zur Umsetzung dieses Vorhabens wurde 2009 die gleichnamigen GmbH ins Leben gerufen. Die Eigentümer sind die ELGA-Systempartner – das Bundesministerium für Gesundheit, alle neun Bundesländer und der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger. Die Kernaufgaben der ELGA GmbH sind u.a. die Koordination der Einführung von ELGA, die Weiterentwicklung der IT-Architektur der elektronischen Gesundheitsakte und deren Standards sowie das Qualitätsmamagemet und die Öffentlichkeitsarbeit.

Der Nutzen von ELGA

Ziel von ELGA ist, Patienten und Gesundheitsdienstanbietern wie behandelnden Ärzten, Spitälern, Pflegeinstitutionen und Apotheken den Zugang zu wichtigen Gesundheitsdaten zu erleichtern. Ein verbesserter Informationsfluss und Datenaustausch zwischen allen relevanten Gesundheitseinrichtungen erspart Bürgern künftig Mehrfachuntersuchungen und unnötige Wartezeiten und stärkt zusätzlich die Autonomie des Patienten.

Interview mit Geschäftsführerin der ELGA GmbH, Dr.in Susanne Herbek

Susanne Herbek, geboren 1960 ist Allgemeinmedizinerin und akademische Krankenausmanagerin. In dieser Funktion war sie von 2005 bis 2009 als Direktorin der Krankenanstalten der Stadt Wien tätig und ist seit 2010 Geschäftsführerin der ELGA GmbH, die zur operativen Umsetzung der gleichnamigen elektronischen Gesundheitsakte gegründet wurde.

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Wie lange wurde an ELGA gearbeitet?
Die ELGA GmbH wurde 2009 gegründet. Schon vorher wurde an der technischen Konzeption gearbeitet. Die ELGA GmbH nimmt die Koordination und Inteegration aller operativen Maßnahmen zur Einführung der ELGA entsprechend der Vorgaben der Bundesgesundheitskommission wahr. 2013 trat das ELGA-Gesetz in Kraft, seit Anfang 2014 sind das ELGA-Portal in der ersten Version, die ELGA-Serviceline und die ELGA-Widerspruchsstelle in Betrieb. Mit 9. Dezember 2015 gibt es die gesamte ELGA-Infrastruktur, sodass nun die schrittweise Vernetzung der sogenannten „Gesundheitsdienstanbieter“ wie öffentliche Krankenanstalten, Pflegeeinrichtungen, Labore, Ärzte und Apotheken in Angriff genommen werden kann.

Wie sind die weiteren Ausbaupläne?
Im ersten Ausbauschritt wurden öffentliche Spitäler in der Steiermark und in Wien vernetzt. Sukzessive folgen dann weitere ELGA-Gesundheitsdienstanbieter wie Kassenärzte und Apotheken, Kassenambulatorien, private Krankenanstalten, später auch Zahnärzte mit Kassenvertrag. Zeitgleich mit dem Start der ersten ELGA-Spitäler gibt es auch die erweiterte Version des ELGA-Online-Portals, das über das öffentliche Gesundheitsportal erreichbar ist. Dort können Patienten ihre ELGA-Befunde abrufen. Im ersten Halbjahr 2016 wird die ELGA-Funktion „e-Medikation" im Bezirk Deutschlandsberg in der Steiermark starten. Nach den Entlassungsbriefen, Labor- und Radiologiebefunden und Medikationsdaten ist auch geplant, Patientenverfügungen, Vorsorgevollmachten und gesetzliche medizinische Register über ELGA verfügbar zu machen. Bilder von CT- oder MR-Untersuchungen können noch nicht abgerufen werden, dies ist erst später geplant.

Ist jeder e-Card Inhaber automatisch bei ELGA registriert?
Die Teilnahme an ELGA bestimmt der Patient selbst. Alle Versicherten mit e-Card sind automatisch ELGA Teilnehmer, können sich aber auch davon abmelden. Eine Teilnahme ist jedoch empfehlenswert. Ich bin selber Ärztin und es ist für jeden behandelnden Arzt von Vorteil, bereits bestehende Befunde sowie verabreichte Medikamente für die weiteren Behandlungsschritte heranziehen zu können. Die Patienten haben u.a. den Vorteil, sich nicht mehr selbst um alle Unterlagen kümmern zu müssen.

Was sind die Vorteile von ELGA für den Patienten bzw. für den behandelnden Arzt?
Erstmals gibt es für Patienten die Möglichkeit, zeit- und ortsunabhängig 24 Stunden 365 Tage im Jahr selbst auf ihre eigenen Befunde, Entlassungsbriefe oder die Medikationsliste zuzugreifen. Die eigenen Gesundheitsdaten können am Portal selbständig verwaltet werden, d.h. für einzelne Befunde können Zugriffsrechte vergeben werden, sie können aber auch gelöscht, abgespeichert oder ausdruckt werden und das kostenlos. Des Weiteren kann der Patient bestimmten, wer wie lange und welche der eigenen ELGA-Gesundheitsdaten einsehen kann. ELGA ist sozusagen ein transparentes Befund-Management und bedeutet mehr Sicherheit und Autonomie für Patienten. Ärzte haben einen Überblick über die den Patienten betreffenden Behandlungen oder Medikationen. Für alle im ELGA-Bereich vernetzten Gesundheitsdienstleister bedeutet ELGA einen verbesserten und schnelleren Informationsfluss und Datenaustausch.

Was passiert, wenn man aus ELGA aussteigt und wie flexibel kann man diese Entscheidung ändern?
ELGA ist ein sogenanntes „Opt-Out“ System, das heißt, man kann sich auch von ELGA abmelden. Das geht ganz einfach, entweder auf der Website www.gesundheit.gv.at das Formular ausfüllen, ausdrucken und unterzeichnet an die ELGA-Widerspruchsstelle senden. Meldet man sich komplett von ELGA ab, werden künftig keine Gesundheitsdaten zum Abruf über ELGA bereitgestellt. Es ist aber jederzeit möglich, sich wieder anzumelden.

Welche Möglichkeiten gibt es für die Gruppe der Offliner, sprich Menschen mit keinen oder geringen IT-Kenntnissen, können sie ELGA trotzdem nutzen?
Die Mitarbeiter der ELGA-Serviceline stehen für allgemeine Fragen zu ELGA bzw. zur ELGA-Teilnahme unter der Telefonnummer 050 124 4411 Montag bis Freitag von 7.00 bis 19.00 Uhr zur Verfügung. Für Anfragen zum Datenschutz bzw. für die Einsicht in persöliche Gesundheitsdaten werden in jedem Bundesland ELGA-Ombutsstellen im Rahmen der Patientenanwaltschaften eingerichtet. In Wien befindet sich diese in der Schönbrunner Straße 108.

Wo werden die Daten der Patienten nun tatsächlich gespeichert?
Patientendaten werden dort gespeichert, wo sie entstehen, d. h. die Daten verbleiben in den Rechenzentren der einzelnen Gesundheitsdienstanbieter, sprich in den Spitälern, Pflegeeinrichtungen und Arztpraxen. Es ändert sich diesbezüglich nichts. ELGA ist mit einer Suchmaschine vergleichbar, in der mit einer speziell gesicherten Datennetzverbindung, welche auch für die e-Card-Kommunikation verwendet wird, einzelne Rechenzentren abgefragt werden. Daten, die mit dem ELGA-Flag, also einer entsprechenden Markierung versehen wurden, werden gebündelt in der persönlichen elektronischen Gesundheitsakte angezeigt. Auf dem Transport sind die Daten zusätzlich verschlüsselt. Der Patient bzw. der behandelnde Arzt kann dann mit einem gesicherten Zugang auf die Dateien zugreifen.

Welche Personen können konkret in meine persönliche ELGA-Akte Einsicht nehmen?
Nur jene Ärzte und Gesundheitsdienstanbieter, bei denen der Patient aktuell in Behandlung ist und dies auch nur auf beschränkte Zeit. Ärzte haben 28 Tage Zugriff, Spitäler mit den Aufnahmen des Patienten und nach der Entlassung des Patienten ebenfalls 28 Tage, Apotheken 2 Stunden. In der persönlichen ELGA gibt es auch ein Protokoll, in dem genau nachverfolgt werden kann, wer in meine Akte Einsicht genommen hat oder sie bearbeitet hat. Dadurch ist vollkommene Transparenz gewährleistet.

Welche Bearbeitungsmöglichkeiten/Sicherheitseinstellungen haben die Teilnehmer in der eigenen ELGA?
Jeder Teilnehmer kann in seiner ELGA Befunde löschen, nur beschränkt zugänglich machen, sowie bestimmte Gesundheitsdienstanbieter von der Einsicht ausschließen bzw. hinzufügen. Weiters kann er den Zeitraum der Einsicht verkürzen bzw. auch verlängern. Z. B. kann der Zugang für den Arzt des Vertrauens von 28 Tagen auf maximal ein Jahr verlängert werden.

Warum sind gewisse Arztgruppe vom Zugriff auf die ELGA-Akten ausgeschlossen, wie Amtsärzte, Betriebsärzte oder Schulärzte?
Es ist im ELGA-Gesetz klar geregelt, wer auf ELGA zugreifen darf. Die ausgeschlossenen Arztgruppen beschäftigen sich mit präventiven Gesundheitsmaßnahmen oder behördlichen Aufgaben und sind nicht für eine konkrete medizinische Behandlung verantwortlich.

Gibt es vergleichbare internationale Gesundheitssysteme?
Ähnliche Systeme gibt es in England, Dänemarkt und manchen skandinavischen Ländern. In anderen europäischen Ländern gibt es ebenfalls Ansätze dazu. Da die Strukturen und Kompetenzaufteilungen im Gesundheitswesen der einzelnen Staaten deutliche Unterschiede zu Österreich aufweisen, ist es schwer, Vergleiche anzustellen. Die neue elektronische Gesundheitsakte ELGA wie sie nun in Österreich umgesetzt wird, ist jedenfalls einzigartig.

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